Flucht vor dem Corona-Wahnsinn

12.05.-16.05. Raus in die Natur

 Kilometerstand 52723 - 52833

Wiili war wieder startklar, die Bremsversuche auf dem Parkplatz Erfolg verspechend und das nächste Ziel im Navi einprogrammiert. Blieb nur noch ein gemütliches Frühstück und dann sollte es auch schon losgehen. Ich schaute aus dem Fenter und fing an irgendwelches Zeug zu stammeln, denn durch das Dorf bewegte sich gemütlich ein ausgewachsener Elch. Matthias war nicht schnell genug. "Da sitzt du nichts ahnend beim Frühstück und plötzlich latscht ein Elch durch dein Bild" - wozu nochmal suchen wir die eigentlich auf unseren Waldwanderungen? Dann wollten wir los - Matthias war schon draußen, ich mit den letzen Handgriffen im Auto beschäftigt und auf einmal hör ich genau so ein wirres Gerufe wie ich heute morgen am Frühstückstisch: "Komm raus, hier ist der Elch". Der war mittlerweile zurückgekommen und ging selbstbewust baden. Und damit ihr uns das diesmal auch glaubt, hier sind exclusiv die Beweisbilder.

Da wir offensichtlich in Nusnäs damit auch schon alle Highlights gesehen hatten ging es weiter. Zuerst nach Mora, um uns mit den nötigen Lebensmitteln für die kommenden Tage einzudecken und dann auf die Piste. 

Und hier der Beweis, dass es auch in Schweden schon schön warm war.

Unser Ziel lag 90 km nordöstlich vom Siljansee, in der Region Gävleborgs Iän. Die Region liegt zwischen den nördlichen Haupttouristikrouten an der Ostsee entlang und dem Inlandsvägen. Sozusagen der schnelle Weg um in den Norden oberhalb des Polarkreises zu gelangen und dann auf kurzem Weg über das Inland in den Süden zurück zufahren. Einmal Schweden hin und zurück. Die Region zeichnet sich durch schöne, mit dem Kanu befahrbare, größere und kleine Flüsse, große Waldflächen und Seen aus.

Um dahin zu gelangen kann man entweder die schnelle E45 wählen oder den gemütlichen Turistvägen, eine Höhenstraße, die durch typisch schwedische Siedlungen und Dörfer führt und schon mal den Blick auf die großen Bergketten im Westen Schwedens lenkt. Eine Straße wie für uns gemacht!

Ach so, unser Ziel hieß Vinströmmen bei Voxnabruk, hatte ich vergessen zu erwähnen.

Nach 50 km war Zeit für einen Rädercheck und dann ging es auch gleich weiter.

Am zeitigen Nachmittag kamen wir dann am Fluß Voxnan, genauer gesagt an den Vinströmmen - Stromschnellen - an. Der Wildcampingplatz war offensichtlich ein Hot Spot in der Gegend, denn viele Schweden waren entweder zum Tagesausflug oder mit ihrem Camper oder riesigen Campingwagen da. Platz war genug, das Areal zog sich um einen Flußbiegung. Überraschend waren die hohen sandigen Steilwände. Ein bissel Infrastruktur war auch vorhanden, Müllbehälter, Trockenklo, Holzbänke und Tische und in einer Holzhütte war trockenes Feuerholz gestapelt - das alles im übrigen kostenfrei. Wir hatten einen schönen Platz gefunden, aber natürlich gibt es immer noch einen besseren, da stand aber leider ein PKW und ein älteres Ehepaar sonnte sich. Beherzt fragte ich mal freundlich an, ob die beiden über Nacht blieben. "Nein" war die Antwort und "gern können sie sich hierher stellen, wir machen Platz". Da hab ich noch den Hinweis gegeben, viel Platz für unseren Truck. DIe beiden lächelten, ich gab Matthias ein Zeichen und der Willi fuhr vor. Schnell waren die beiden aufgesprungen und haben ihre Campingstühle zur Seite gerückt:-). Nach einem herzlichen Lachen, einem kurzen Gespräch fuhren die beiden weiter und wir richteten uns erstmal ein.

Nur kurze Zeit später machten wir eine erste Erkundungstour ans Wasser und zu den anderen Plätzen. Auf dem Platz standen verwaist 2 Campingstühle und ein Tisch, später ein blauer VW-Camper mit deutschem OG-Kennzeichen - Offenburg. Von den Insassen keine Spur, Gabi und Hans lernten wir erst 3 Tage später kennen.

Das erste Mal Abendbrot im Freien!

Am nächsten Morgen schien die Sonne und wir frühstückten draußen - das erste Mal in Schweden. Der Platz hatte sich am Abend und im Laufe des Vormittags gut mit Wohnmobilen, Wohnanhängern und Zelten gefüllt. Auch in Schweden ist Himmelfahrt ein Feiertag und es zog alle raus in die Natur. Während wir noch mit langen Pullovern draußen saßen turnten die Kinder schon in kurzen Hosen und Pullis am Wasser rum, die mutigsten gingen baden. Dazu sind wir aber noch nicht bereit.

Für uns hieß es eine Wanderung stromaufwärts zu unternehmen, vielleicht gibt es ja nochmal Elch?

Mal vorweggenommen - Elch gab es weder an diesem, am nächsten noch an den folgenden Tagen. Der Weg führte oberhalb des Flusses durch abgeholzte Flächen, Wald, an dahinterliegenden Seen entlang. 

Ziel war die weit und breit auf unseren Karten eingezeichnete Brücke, die sich als nicht befahrbar und gerade so überquerbar erwies. Am Ufer hatten es sich weitere Camper gemütlich gemacht und heizten gerade die Feuerstelle an, um selbst gefangene Forellen zu braten.

Auf dem Rückweg entdeckten wir an vielen Stellen Birkenfriedhöfe, ohne allerdings auch nur eine Biberkelle zu Gesicht zu bekommen.

Hier war er wohl gerade am Werk gewesen, wahrscheinlich Nachschub fürs Abendbrot geholt.

Den Fluss kann man auch gut mit einem Kanu erkunden. In den wenigen Örtchen entlang des See's haben wir Ausleihstationen mit Hol- und Bringedienst gesehen. Um die Stromschnellen, von denen es einige gibt, sind Umtragestellen gut gekennzeichnet.

Baden im Fluss war für uns noch nicht drin, aber mit Flusswasser hinterm Willi duschen schon.

Am nächsten Morgen weckte uns wieder die Sonne. Heut war Faulenzen angesagt. Mit dem Campingstuhl am Willi der Sonne hinterher, zumindest solange, bis ein großer Wohnanhänger an uns vorüber fuhr. Auf einmal knallte es und das linke Rad klappte nach außen, der Anhänger schlug hart auf. Aus dem PKW stieg hektisch eine Familie aus, 2 Erwachsenen mit 3 Kindern. Gemeinsam begutachteten wir den Schaden und starteten eine Rettungsaktion. Glücklicherweise war keine Achse gebrochen, es stellte sich heraus dass die Radschrauben locker waren und einfach heraus gefallen sind. Nun ja, wenn das auf der Straße bei 80 km/h passiert, nicht auszudenken. Gemeinsam mit einem älteren Camper halfen wir. Die Kinder hatten sofort die Zwangspause erkannt,  ihre Hängematten in die Bäume gehangen und betrachteten von dort aus das Geschehen. Nach ca. 1 Stunde war das Rad wieder dran, die Radmuttern auch auf der anderen Seite festgezogen und die Familie konnte nach Hause fahren.

Ich musste nochmal ein paar Schritte laufen und bin flussabwärts. Stopp war an einer alten zerstörten Bahnbrücke, Blick zurück - ich war die ganze Zeit auf dem alten Bahndamm gelaufen.

Matthias hatte in der Zeit schon das Lagerfeuer vorbereitet, Holz lag an der Feuerstelle rum und rings um uns im Wald war genug Nachschub vorhanden - nein dafür mussten wir keine Bäume fällen. Abendessen gab es dann vom Lagerfeuer.

Am Abend bewölkte es sich schon leicht, am nächsten Morgen goss es dann wie aus Kannen. Heut war Willi Tag! Ich habe mal ein neues Rezept ausprobiert - selbstgemachte Knödel. Am späten Nachmittag hörte der Regen auf, wir gingen Holz nachfassen und es wurde ein gemütlicher Lagerfeuerabend. Geplant war am kommenden Vormittag weiterzuziehen, aber ein Blick auf die WetterApp zeigte uns dass das Wetter besser werden sollte. Also entschieden wir uns für noch einen Tag an den Vinströmmen.

Sonntag war großer Abreisetag, aber nicht für uns. Mit dem anderen deutschen Pärchen hatten wir den Platz dann am Nachmittag komplett für uns alleine. Mit den beiden - Gabi und Hans - hatte ich mich am Abend vorher unterhalten, ein bissel jünger als wir, aus dem Elsass und für 1 Jahr unterwegs. Die beiden hatten ein Kanu dabei und auf dem zum Voxnan fast paralell laufenden kleinen Flüsschen eine zwei Tagestour mit dem Kanu und Zelt unternommen. EIn Blick auf die Karte, der Fluss schlängelte sich ähnlich wie der Voxnan durch das Land. Also hieß unser heutiges Tagesziel Kryckän - sieht auf dem Satellit aus wie Wattwurmgekrösel.

Luftfeuchte 100 %, bestes Elchgebiet - leider lagen nur ausreichend Knochen rum - Birkenfriedhöfe am Fluss - es war eine schöne Waldwanderung. Die weißen Flächen sind übrigens Rentiermoos, das schnell austrocknet, dann aussieht wie Korallen und auch ebenso hart und spröde ist. Bei Nässe wird es zum Ausrutschen schön.

Am Zusammenfluss des Kryckän in den Voxnan war unser Umkehrpunkt. Es ging wieder in Richtung Wildcampingplatz, zur Bahnbrücke und auf dem ehemaligen Bahndamm entlang.  Matthias war  sozusagen auf unbekanntem Terrain unterwegs

Bahnstrecke Voxna - Lobonäs

Ich denke, dass Matthias diese Information zur Bahn auf jeden Fall lesen wird. Für euch - nur wenn ihr wollt...

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Die schmalspurige Bahnstrecke Voxna–Lobonäs in Gävleborgs län in Schweden wurde 1908 von der Woxna-Lobonäs Järnvägsaktiebolag zwischen Voxna (alte Schreibweise: Woxna) und Lobonäs gebaut. Bereits am 30. November 1932 wurde die im Volksmund Våran Lilla Järnväg (deutsch Unsere kleine Eisenbahn) genannte Strecke stillgelegt und kurz danach abgebaut.

Die Streckenlänge betrug 28,86 km mit 2,98 km Nebengleisen und 400 m Industriegleisen.

Zu Beginn verkehrten täglich drei Zugpaare zwischen Voxna und Lobonäs, morgens, mittags und abends. Die Züge waren gemischte Züge, die sowohl aus Güter- als auch aus Reisezugwagen bestanden. Ab dem 1. Oktober 1914 fuhr nur noch ein täglicher gemischter Zug über die gesamte Strecke und zudem einige Züge, die nur an verschiedenen Tagen verkehrten. Einer dieser Sonderzüge fuhr für die Kirchenbesucher alljährlich am Weihnachtsmorgen nach Voxna. Diese Verkehrsbeschränkung hatte ihren Hintergrund vor allem im großen Frachtaufkommen. Der größte Kunde war die Eigentümergesellschaft Ljusne-Woxna AB, deren Fracht ausschließlich aus Holz bestand. Die Produkte waren Holz und Holzkohle sowie Baumstümpfe und Wurzeln für die Holzvergasung in Voxna.

1930 verkehrte im Personenverkehr nur noch ein Zugpaar zwischen Voxna und Voxna bruk sowie ein Zugpaar auf der Gesamtstrecke. Auf allen Haltepunkten waren zweiseitig angeschlossene Ausweichgleise vorhanden, die normalerweise nur für den Ladeverkehr benutzt wurden. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_Voxna–Lobonäs)


Weniger…

Kaum waren wir wieder am Willi angelangt, da schlenderten Hans und Gabi die letzten Meter ihrer Wanderung an uns vorbei. Wir kamen schnell miteinander ins Gespräch und fanden uns dann zu einem Bier, leckerem Cider für die Mädels und Chips (danke an euch Hans und Gabi) zusammen. Die beiden waren 1 Woche länger als wir unterwegs und gerade aus der Region Höga Küsten vor dem Winter in südlichere Regionen geflüchtet. Erfahrungen, Tipps, Übernachtungstellen, viele weitere Informationen zu Familien u.s.w. wurden ausgetauscht. Das ist das schöne an dieser Art zu Reisen - man trifft viele unterschiedliche Menschen, kommt ins Gespräch und jeder fährt mit einem Sack voller neuer Ziele und Tipps weiter. Ein Bergführer hat mal zu mir gesagt: "Über 2000 m (ausgenommen die Seilbahntouristen) gibt's keine Arschlöcher mehr." Das gilt für das Outdoor Reisen ebenso! - Sorry für die direkten Worte.

Ja - und auch Bier bekommt man hier, denn ein Leben ohne Bier ist möglich aber sinnlos. In den normalen Supermärkten gibt es das Let Öl bis 3,8 % maximal zu 48 - 70 Kronen für den Sixpack (1:10 ist der Umtauschkurs). Wer's höher prozentig mag muss in die Systembolaget Läden. Dort sind  auch alle anderen Spirituosen wie Wein, Sekt, Whisky, Gin, Wodka zu haben. Diese allerdings zu deutlich höheren Preisen als in Deutschland -  Beispiel Saphir Gin (blaue Flasche) kostet in Deutschland 15-18 €, in Schweden 26-28 €). Da überlegt man schon, ob man das gute Zeug mit Tonic verdünnt...

Auf Grund der Wettervorhersage, die bisher auf die viertel Stunde genau eingetroffen ist und für heute ab 22:00 Uhr und Montag ganztägig Dauerregen angekündigt hatte, hieß es die "Vorgärten" beräumen und die Autos soweit startklar machen. Wir tauschten noch Kontakte aus, Links auf unsere Reiseseiten und verabschiedeten uns. Hans hatte noch den absoluten Tipp umgesetzt, wie man Elche zu Gesicht bekommt. Diesem folgend waren auf einigen Baumstämmen im Wald Apfelstücken ausgelegt, weil die Elche Äpfel lieben und diese kilometerweit riechen. Er ging abends und dann zeitig am nächsten Morgen nachgucken - ein Vögelein hat uns gezwitschert, dass auch dieser Bestechungsversuch keine Erfolg gebracht hat.