Flucht vor dem Corona-Wahnsinn

Ein Fazit zu unserer Reise und der Auszeit

Reise durch Schweden

Nach 4 Jahren Planung und Neuplanung, Vorfreude, Spannung auf unsere Auszeit waren wir 5 Monate - in  Schweden. Klingt nicht so spektakulär - oder?

Auf Grund der Corona Pandemie gab es keine wirklichen Alternativen zu unserem ursprünglichen Reiseziel Baikalsee und über die alte Seidenstraße zurück. Gestartet sind wir dann mit der Hoffnung, während unseres Aufenthaltes in Schweden doch noch nach Norwegen, Finnland und Russland einreisen zu können. Dafür hatten wir alle Vorkehrungen getroffen. Leider war das auf Grund der Einreisebeschänkungen nicht möglich. Nach 6 Wochen entschieden wir uns dann, egal ob die Grenzen zu den Nachbarländern für den Tourismus geöffnet werden oder nicht, in Schweden zu bleiben. Das war die richtige Entscheidung! Wir lernten  so Land und Leute kennen und lieben. Wir hatten jetzt genug Zeit, um entspannt durch das Land zu fahren, dort anzuhalten und so lange zu bleiben wie es uns gefiel. Damit ergab sich die Möglichkeit durch eigene Erfahrungen und Erlebnisse, Kontakte zu Typen wie wir, Deutschen, die bereits lange oder erst seit kurzem in Schweden leben und den Schweden selbst, tiefere Einblicke in das Land zu bekommen. Wie tickt Schweden, welche Möglichkeiten gibt es um hier zu leben, was unterscheidet das Land von Deutschland. Ja, und wir haben oft darüber nachgedacht hier zu bleiben...

Als wir nach Schweden kamen hatten wir keine wirklichen Ziele und planten unsere Reiseabschnitte immer aktuell und je nach Wetterprognose. Wir durchquerten Schweden einmal in Süd-Nord-Ausrichtung. 

Eine wichtige Erkenntnis aus dem langen Aufenthalt in einem Land war, dass wir uns immer neue Reize schaffen mussten, damit das Land nicht langweilig wird. Immer die gleiche Sprache, das gleiche Geld, keine Unterschiede beim Einkaufen. Diese Reize stellten für uns die verschiedenen Gegenden Schwedens dar. Vom ländlich geprägten und touristisch dominierten Süden ging es über die großen Seen - vielfach auch entlang der Ostseeküste - über die Mittelgebirgslagen der Dalarna in den hohen Norden nach Lappland. Unser nördlichster Punkt war dabei Karesuando. Der Westen Nordschwedens ist durch das Skandinavische Gebirge geprägt, das die Grenze zu Norwegen bildet. Die Gebirgskette – deren Bergtundra in Schweden Fjäll genannt wird – weist Höhen zwischen 1000 und 2000 Metern über dem Meeresspiegel auf. Im Skandinavischen Gebirge liegt auch Schwedens höchster Berg, der etwa 2100 Meter über dem Meeresspiegel aufragende Kebneka

Land und Leute

Wir haben die Schweden als offene, zugängliche, interessierte, hilfsbereite Menschen erlebt. In vielen Gesprächen auf unseren Stellplätzen haben wir Einblicke in die Lebensweise erhalten und uns über viele Themen ausgetauscht. 

Schweden ist ein Land mit vielen Gesichtern - je einsamer die Gegend ist, das heisst je nördlicher man in das Land vordringt, um so offener waren  die Menschen.

Wir erhielten tiefe Einblicke zu Aussiedlern aus Deutschland, ihrem Leben in Schweden, aber auch den Problemen, mit denen sie hier zurecht kommen müssen. Wir haben aber nicht einen einzigen Deutschen erlebt, der es bereut hat diesen Schritt getan zu haben. Auch das macht uns nachdenklich.

Während unserer Reise haben wir den offenen und unspektakulären Umgang mit dem Corona-Virus schätzen gelernt. Sicher wurden auch in Schweden große Veranstaltungen, wie Konzerte, Midsommer-Feiern, nicht durchgeführt, aber das tägliche Leben läuft völlig normal ab. Keine Tests, keine Masken (mit wenigen Ausnahmen z.B. im öffentlichen Nahverkehr). Alle Kindereinrichtungen, Schulen, Universitäten waren geöffnet, auch hier sind Masken nicht nötig. Die Schweden halten einen selbstgewählten Abstand zu anderen Personen, der nicht aufgesetzt sondern natürlich ist. Staatliche Doktrin und Hysterien, wie wir sie kannten und kennen, haben wir nicht erlebt. Auch die Medien halten sich stärker zurück als in Deutschland. Alles in allem eine Corona-Politik, die die Menschen anspricht und mitnimmt und damit eher Akzeptanz, auch was das Impfen betrifft, schafft.

Zum ersten Mal sind wir im Frühjahr in Skandinavien gewesen. In der Vor- und Nachsaison sind viele Museen und öffentliche Einrichtungen geschlossen, die Saison beginnt zu Midsommar und dem Ferienbeginn am 16.06. und endet am 16.08. mit dem Schulstart. Außenanlagen waren immer geöffnet, so dass man viele Einblicke in die Geschichte Schwedens erhalten konnte. Was auffiel war, dass an den Sehenswürdigkeiten immer mehrsprachige Informationstafeln vorhanden waren.

Schweden - das Land der Elche und der Wildtiere

Das Aushängeschild Schwedens ist seine Natur in all ihren Facetten. Seenlandschaften, die Ostseeküste, Mittelgebirge, tiefe Wälder, hohe Fjälls, reissende Flüsse und nicht zuletzt die Mitternachtssonne. Diese durften wir ab Mai bis Juli erleben. Faszinierend, was das Licht mit einem macht - zum Schlafen gehen mussten wir uns ermahnen. Kein  Wunder, wenn die Sonne um Mitternacht noch scheint! Mit der Helligkeit hatten wir kein Problem, ohne Verdunkelung konnten wir tief und lange schlafen.

Auch die Tierwelt kann sich sehen lassen - wenn sie sich sehen lässt! Voller Erwartung auf die vielen Elchbegegnungen waren wir ins Land gereist und wurden enttäuscht. Wir hatten weniger Begegnungen als erfofft, aber immerhin! Bei den meisten war gerade der Fotoapparat nicht bereit. Das sie aber noch nicht ausgestorben sind, bewiesen die vielen Spuren, die wir bei unseren Wanderungen fanden. Dafür gab es reichlich Rentiere, Reh- und Rotwild.

Wir haben viele Vogelarten entdeckt - Prachttaucher, Gimpel, Fischadler, Fitis, Kreuzschnabel, Kanada- und Weißwangengänse, Auerhahn und Auerhennen, Kraniche, Habichtskautz.

Eines der am weitesten und häufigsten anzutreffenden Tierarten sind die  Mücken. Glücklicherweise sind wir nur an wenigen Plätzen so attakiert worden, dass wir fliehen mussten. Dank der Mückengitter im Willi fanden diese auch, bis auf wirklich wenige Ausnahmen, nie den Weg nach innen.

Aktivitäten

Wo ein Elch ist auch ein Wald. Wir waren Wanden und Bergsteigen, Pilze und Beeren suchen, haben am Lagerfeuer gekocht und viele schöne Abende mit Gleichgesinnten verbracht. Die Seen luden zum Baden und Angeln ein. Letzteres zu 100% erfolglos.

Für das nächste Mal wollen wir uns ein Kanu zulegen. Es gibt zwar welche zum Ausleihen, aber dort wo wir am Liebsten und am Meisten standen - in der freien Natur - war das natürlich eine Fehlanzeige.

Sind unsere Erwartungen an die Auszeit in Erfüllung gegangen?

Es war nicht die große Reise, die wir geplant hatten und Schweden bisher nicht unser  Favorit in  Skandiavien, aber durch den langen intensiven Aufenthalt sind uns das Land und seine Menschen ans Herz gewachsen und die Nr. 1 geworden. Die Auszeit hat uns die Möglichkeit gegeben, ohne Zeitdruck in das Land einzutauchen.

Aus Unterwegsbekanntschaften sind Freundschaften entstanden, die wir nicht mehr wissen wollen, erweitern sie doch immer den eigenen Horizont und die Sicht auf die Dinge. Vor allem die Auswanderer, die wir zufällig oder bewusst auf unserer Reise besucht haben, bleiben im Herzen.

Wir haben im Laufe der Reise neue Erfahrungen gesammelt, aber auch immer mehr unsere Familien vermisst. Dauerhaft, also immer mit dem Willi unterwegs zu sein, ist keine Option für uns, auch das war eine Erkenntnis. Es zieht uns zu unseren Familien und Video- oder Telefonie sind über einen langen Zeitraum der Abwesenheit kein Ersatz. Und nein, wir sind nicht in Schweden geblieben.

Unser Willi war in dieser Zeit unser zu Hause. Wir haben uns nie eingeengt gefühlt, alles was wir gebraucht haben, hatten wir dabei. Jetzt, wo wir wieder in Leipzig sind meinen wir mit "zu Hause" sein den Willi.

Für uns war es vor 4 Jahren die richtige Entscheidung diese Reise anzugehen. Und Schweden haben wir nicht das letzte Mal bereist - es gibt noch so viel zu entdecken.


      Ines und Matthias am 28.08.2021