Der heutige Tag ist zweigeteilt. Zum einen kommen wir in Haparanda an der finnischen Grenze an. Damit endet unsere Route entlang der Ostsee und wir bewegen uns - nach 100 km Fahrt in nördliche Richtung - über dem Polarkreis. Hier geht die Sonne nun wirklich 24 Stunden nicht mehr unter, zumindest nicht bis Midsommer, also noch eine gute reichliche Woche. Hoffentlich können wir das auch noch richtig erleben, heute hat es fast den ganzen Tag geregnet und gerade zieht hier genau am Polarkreis ein Gewitter auf. Aber alles schön der Reihe nach.
Nach dem Einkauf in Haparanda ging es direkt entlang des schwedisch-finnischen Grenzflusses Torneälv in Richtung Norden. Eigentlich wollten wir nicht bis hierhin fahren, aber Ulf meinte, wir würden anders herum den schönsten Abschnitt am Fluss verpassen. Denken wir jetzt auch. Wir waren fast alleine auf der Straße und fuhren immer in Sichtweite des Flusses durch das Tornedalen.
Die Straßennamen sind im unteren Bereich des Tornedalen zweisprachig, schwedisch und finnisch. Weiter oben im Norden werden sie dann dreisprachig - schwedisch, finnisch und in Samii.
In Övertorneå machten wir einen kurzen Abstecher in Richtung finnische Grenze, nur mal gucken. Alle Ampeln waren auf rot - kein Reinkommen. Auf schwedischer Seite, direkt am Grenzübergang befand sich eine kleine Gaststätte mit Samii-Souvenirs. Dort gab es einen kurzen Kaffee Stopp.
Da eine Wetterbesserung nicht in Sicht war fuhren wir dann auch zügig weiter in Richtung Polarkreis, den wir ja heute überqueren wollten. In dem Gebiet waren in unserer park4night-App 2 Stellplätze ausgewiesen. Einer ca. 4 km vor dem Polarkreis - ein Parkplatz mit Infrastruktur an Stromschnellen, der zweite direkt am Polarkreis mit Wohnmobilstellplätzen in Juoksengi.
Am Polarkreis stand das Polcircelhuset - eine Gaststätte mit Wohnmobilstellplatzvermietung. Nach dem obligatorischen Rundgang und überschreiten des Polarkreises suchten wir uns auf dem Wohnmobilplatz einen Stellplatz - niemand außer uns war dort. Neben dem Service Gebäude mit Küche und Dusche stand auch eine Sauna zur Benutzung zur Verfügung.
Zuerst wurde neu geflaggt, die Sachsen Fahne war arg mitgenommen.
Am Abend zogen nochmal richtig dicke Wolken auf, allerdings auf finnischer Seite über dem Fluss - tja, hätten sie uns mal rein gelassen.
Am nächsten Tag lagen ca. 270 km - ca. 4,5 Stunden Fahrt immer entlang der finnischen Grenze gen Norden vor uns. In Svanstein, dem nächst großeren Ort nach unserem Start, folgten wir einem Hinweisschild - Struve-Meridian-Vermessungsplatz. Wir bogen von der Route - der E99 ab.
Und schon sind wir alle schlauer... Weiter ging's auf der menschen- und autoleeren Nebenstraße, nicht ohne noch weitere Hinweise auf Vermessungspunkte zu finden.
Vor dem Ort Fällan ereilte uns dann das Straßenschicksal - 15 km Baustelle, wir saßen glücklicherweise im Willi! Nach dem ersten Kilometer wurde uns dann auch klar, dass die Fahrradfahrer, die uns entgegengekommen waren nicht nur wegen der Berge so müde und gestresst geschaut hatten. Mit dem Fahrrad durch weichen Straßenbelag zwischen den Baufahrzeugen ist keine Spazierfahrt.
Weiter ging es auf endlosen einsamen Straßen mal in der Sonne, mit Sonne und Wolken oder einem vermeintlichen Weltuntergang vor uns. Und dann endlich waren wir in Lappland.
Ca. 15 km vor Karesuando bogen wir von der Straße auf einen holprigen Forstweg ab. Von diesem ging es ca. 5 km, an mehreren Seen vorbei steil bergauf. Da konnte sich unser Willi mal richtig austoben. Auf dem Bergplateau war in unserer Stellplatz-App ein Übernachtungsplatz ausgewiesen: "Beste Aussicht in dieser Gegend. Holprige Straße, aber es lohnt sich. Viele Mücken, vergessen sie nicht Mückenspray mitzubringen."
Vorweggenommen - es war an diesem Abend so windig, dass wir keine Mückenabwehr gebraucht haben. Und die Aussicht - siehe folgende Bilder.
Am nächsten Morgen ging es runter vom Berg und rein nach Karasuando. Das ist der nördlichste Punkt Schwedens, der per Straße erreicht werden kann. Wer mit dem Auto weiter will, muss über die Grenze nach Finnland und von dort weiter nach Norwegen Richtung Tromsö und Nordkap. Um von hier auf schwedischer Seite nach Norwegen zu kommen muss man entweder zurück nach Kiruna und dort Richtung Narvik über die Grenze, direkt geht es im Winter mit Schlittenhunden oder im Sommer mit dem Kanu. In Karasuando wollten wir noch ein paar Outdoor Sachen kaufen, leider war alles zu. Bis auf ein Geschäft, in dem ein netter, älterer Mann die Stellung hielt. Wir kamen ins Gespräch, er war der Besitzer des Ladens. Er erzählte uns von seinen (schlechten) Erfahrungen in Deutschland, wo er zum Arbeiten war. Auch über die politische Lage in Schweden erfuhren wir einiges. Eigentlich wollten wir nur Mückennetze kaufen! Nun ja, ein zweiter Schwede kam hinzu und erklärte, dass nur Touristen solche Netze auf dem Kopf tragen - auf der Rückfahrt haben wir jede Menge Schweden mit solchen Kopfbedeckungen gesehen. Das Gesicht des Ladenbesitzers schlief ein, da wir erstmal sofort Abstand vom Kauf nahmen. Letztendlich überzeugte er uns vom Djungle Oil, der schwedischen Mückenabwehrgeheimwaffe. In Deutschland nicht zu bekommen!
Unser nächstes Ziel hieß Lannavaara, ein kleines Dorf abseits der Hauptstraße. Hier werden die besten Goldschmiede Schwedens ausgebildet. Hier gibt es eine Goldschmiede inklusive Ausstellung und Verkauf (Kristallen) - da wollte ich hin (wir). Und wir wurden fündig. Ein niedliches kleines Mineralienmuseum, ein kleiner Verkaufsstand und zwei super nette Damen berieten uns und gaben uns gleich noch Tipps für Übernachtungsmöglichkieten. Das war hier überall möglich, wir entschieden uns für einen See etwas außerhalb des Ortes.
Und dann erreichte uns noch im Kristallen eine traurige Nachricht von zu Hause. Wir fuhren erstmal zum Platz um uns zu sammeln und zu telefonieren und beschlossen an dieser Stelle, direkt nach Hause auf dem schnellsten Weg zurück zu fahren.
An diesem Abend erhielten wir noch Besuch von drei Einheimischen, die uns für die Sauna im See noch Holz gebracht haben. Verbrannt haben wir das auf der Heimfahrt.
Den Bericht zur ersten Etappe beende ich an dieser Stelle. Heute ist der 23.07.2021 und wir sind nochmal für 5 Wochen zurück gekommen. Es geht also weiter, allerdings war ich vorher nicht in der Lage unsere Erlebnisse aufzuschreiben.
Anbei noch ein paar Bilder vom See.