3000 km mit dem Willi durch das Baltikum

23.-27.07.2019 Wir starten mit der Ostsee

Leider war in Straße über die Kalpaka-Brücke, eine Drehbrücke von 1906, wegen Bauarbeiten gesperrt. So suchten wir nach Gefühl und ein bisschen Navi die Zufahrt zur Kirche bzw. dem orthodoxen Dom St. Nikolaus, einem der Wahrzeichen von Karosta. In den vergangenen Jahren wurde hier eifrig restauriert, staunend umrundeten wir den Dom. Da wir nicht entsprechend gekleidet waren unterließen wir aus Respekt den Besuch des Innenraumes.

Und dann hielt uns nichts mehr in der Stadt, es ging immer nach Norden, zuerst zum Einkauf nach Ventspils. Das waren immerhin 100 km auf uns von 2015 gut bekannten Straßen.

Nachdem wir uns mit den ersten lettischen Lebens- und Genussmitteln – ein Fläschchen „Schwarzer Balsam“ durfte nicht fehlen, eingedeckt hatten machten wir noch einen Check im Park4Night. Und siehe da, es gab eine Menge an eingetragenen Plätzen entlang der Küste. Da die Bewertungen direkt am Kap Kolka nicht die Besten waren und wir ja erstmal 3-4 Tage an der Ostsee Halt machen wollten entschlossen wir uns, nach „Jaunciems – Irbes Altka“ zu fahren. So kompliziert wie der Name so kompliziert die Anfahrt, aber was wir an Informationen hatten weckte unsere Neugier. „Die Irbe ist der größte Fluss in Nordkurland, der durch Livland fließt. An der Meeresmündung bildet die Irbe einen 2 km langen Sandstrand, zwischen Jaunciems und Irbe liegt die 23,6 m hohe Weiße Düne.“

Wir hatten einen groben Zufahrtsplan und eine Handzeichnung und bogen doch beinahe falsch ab.

Zufahrt zur Irbe

Es kam echtes Offroad-Feeling auf. Nach gefühlten 30 min (es war wahrscheinlich eher weniger) gelangten wir dann an einen Platz, der schon mit Zelten und Campern gut belegt war. Schauen wir mal weiter. Weitere 10 min später hatten wir ihn dann unser Fleckchen Erde für die kommenden Tage gefunden. Wir standen am Rande des Waldes unmittelbar vor einer wirklich kleinen Steilkante, vor uns ein sauber aussehender Fluss mit dem für die Gegend üblichen braunen Wasser (ca. 30 – 40 m breit), dahinter die weiße Sanddüne und dann die Ostsee. Das Wasser der Irbe ist kühl und trotz der braunen Färbung klar. Die Färbung kommt von dem hohen Mineraliengehalt des Wassers.

Im Zufahrtsbereich befand sich eine Trockentoilette und ausreichend Müllbehälter, die auch regelmäßig geleert wurden, also schon mehr Komfort als wir erwartet hatten. An den Stellplätzen waren Feuerstellen vorhanden, die uns den gesamten Urlaub lang begleiteten. Überall dort war – trotz hoher Waldbrandgefahr, denn es war auch in Lettland und Litauen sehr trocken – Feuer machen erlaubt.

Abparken, auspacken und dann hinein ins Wasser! Die Ostsee war nur nach dem Durchschwimmen der Irbe zu erreichen, es gab zwar einige seichte Stellen aber nur für die großen Menschen zum Durchlaufen geeignet. Der Abende gestaltete sich bewegt. Ein vermeintlich gleichgesinntes Trucker Pärchen reiste noch mit einem W50 an. Leider erwies sich der Fahrer für Gespräche ungeeignet. Dafür kamen Christian, Peggy, Pius und Polly an. Wir hatten sofort einen guten Draht zueinander, tauschten die ersten Erfahrungen aus und – es wurde ein langer schwerer Abend. Aber so muss das sein! Der Abend ging mit einem fantastischen Sonnenuntergang zu Ende!

An der kleinen Steilkante standen wir also mit Blick auf das braune Wasser des Flusses Irbe und am nächsten Morgen ging es mit Blick auf den warmen, sehr warmen Sommertag vor dem Frühstück baden. Rein in die Irbe, einmal durchschwimmen, über die Düne in die Ostsee und dann zurück. Das Frühstück hat nochmal so gut geschmeckt. Und dann hatte ich Lust auf Pilze suchen. Matthias meinte, dass im Wald die Bremsen lauern werden, aber ich war nicht zu bremsen. Wozu haben wir sonst die Fahrräder mit?

Um es kurz zu machen, wir sind genau 2,6 km in den Wald gefahren und dann rasend schnell 2,6 km zurück. Die Bremsen haben uns verfolgt, Mücken schwirrten um uns herum und zu guter Letzt war der Sandweg alles andere als ein guter Fahrradweg. Egal, dann ging es also lieber wieder baden, Burstyn (Bernstein oder Amber) sammeln und lesen. Mittlerweile hatte sich ein weiteres Aussteigerpärchen dazugesellt. Oli und Nadja aus der Schweiz, die auch schon lange mit ihrem Minicaravan absolut minimalistisch unterwegs waren. Abends kamen dann die litauischen Würste auf den Grill. Die hatten wir gekauft, weil sie so aussahen wie unsere gebrühten Rostbratwürste. Naja, nochmal haben wir uns dieses „Vergnügen“ nicht gegönntJ, das war wohl eher das Tofu-Produkt aus der Bioabteilung gewesen. Der Abend klang am Lagerfeuer mit unseren neuen Bekannten und einem fantastischen Abendhimmel aus. Bei den langen Gesprächen erfuhren wir von Peggy, wie sie Bernstein sammelt – nachts mit Hilfe eine Schwarzlichtlampe, die es in Dänemark zu kaufen gibt (mal vorweggenommen – die wollten wir haben und Peggy war so super nett und hat uns eine besorgt und zugesandt. Danke dir nochmal dafür!).

Abendstimmung

Am kommenden Tag verabschiedeten sich Peggy, Krischan, Pius und Polly. Ihr Urlaub ging zu Ende. Oli und Nadja setzen ihr Auto um und machten sich zu einer langen Strandwanderung auf. Nachmittags kamen auf der gut befahrenen Irbe 2 Kanus an und fragten uns, ob wir etwas dagegen hätten, wenn sie neben uns ihre Zelte aufschlagen. Natürlich nicht. Aus 4 Letten wurden dann null Komma nichts 16-20 Leute. Ein Freundeskreis, der einmal im Jahr einen Ausflug macht und dann draußen kampiert. Nachdem das erste Boot schon mal im Wasser umgekippt war, ging das Anlanden und Ausladen mit großem Hallo von statten. Und das Auto von Oli und Nadja mittendrin und von Zelten eingekesselt. Wir haben in diesem Urlaub folgendes gelernt: Zuerst wird ein Feuer entzündet, dann kümmert man sich um den Rest. Von Oli und Nadja gab es noch keine Spur, wir haben das Geschehen erstmal entspannt beobachtet und schon mal Abendbrot gegessen. Dann kam Oli, das Zeltlager fing an auf offenem Feuer zu kochen. Wir boten den beiden Asyl an unserem Tisch an und plötzlich stand einer der Letten bei uns mit einer Schale saurer Gurken – ein erstes Gespräch in englisch – russisch bahnte sich an. Na gut, mal schauen was noch wird. Zuerst parkte Oli um. Für das Zeltlager gar kein Problem, die Zelte wurden zur Seite gerückt und wieder hingestellt. Kein böses Wort fiel. Nadja und Oli bereiteten ihr Essen vor und als es fertig war, wurden wir von den Letten mit Gulasch und Soße aus dem Kessel überrascht.  Als Gegenleistung schnappten wir uns eine Flasche Nordhäuser Doppelkorn und luden uns zum Lagerfeuer ein. Der Doppelkorn – der war den Zeltlern zu stark. Sie bevorzugten eine Mischung aus O-Saft und Wodka. Matthias und ich hielten uns zurück, am nächsten Tag sollte es auch für uns weitergehen. Es wurde ein lustiger Abend, verstanden haben wir uns prima im internationalen  Sprachenkauderwelsch und wir beide schafften den Absprung vor Mitternacht. Und das war gut so, denn als wir Oli am nächsten Morgen sahen war uns klar – zu spät (oder zu früh am Morgen) und zu viel gemixtes.  Der Arme war auch morgens um elf noch völlig fertig.

Nachts war Wind aufgekommen und das Wasser der Ostsee hatte sich daher stark abgekühlt, das merkten wir aber erst, nachdem wir mit Schwung, wie an den vorangegangenen Tagen auch, ins Wasser rannten. So waren wir wenigstens sehr sehr schnell sehr sehr munter.