Von Zittau nach Heringsdorf

Lunow – Krackow – 83,5 km

Nach dem obligatorischen Frühstück zusammen mit unseren Vermietern hieß es Aufbruch. Wir hatten noch einen Tipp bekommen, unbedingt im Besucherzentrum des Nationalparks in Criewen Station zu machen. Das war ca. 20 km voraus. Aber vorher ging es doch noch zum Landfleischer und eine leckere Mittagsmahlzeit einkaufen (schon der Geruch der Wurst machte Appetit!).

  

Die Tour starteten wir mit einem Blick zurück nach Lunow inmitten der herbstlich anmutenden Oderlandschaft.

Der Tag versprach wieder Sonne. Wir trafen auf unserem Weg nach Krackow an diesem Tag viele Fahrradfahrer. Außerdem kam unser Ziel Usedom immer näher. Heute wollten wir auch den offiziellen Oder-Neiße-Radweg verlassen und in Mescherin ins Inland abbiegen.

Auf unserem Weg durch den Nationalpark kamen wir zuerst an Stolzenhagen und Stolpe vorbei. Über dem Dorf Stolpe erhebt sich die Ruine eines der stärksten Burgfriede Deutschlands, der sogenannte „Grützpott“ aus dem 12. Jahrhundert.

Nach dem kleinen Ort Stützkow....

....waren wir nicht mehr weit vom Besucherzentrum Criewen entfernt und beschlossen uns dort umzuschauen.

   

Das Innere des Besucherzentrum bzw. der alten Scheune entpuppte sich als multimediale Ausstellung mit viel Interessantem und Wissenswertem zur Entstehung des Oderbruchs und seiner Flora und Fauna.

In Criewen sind auch das alte Schloss und der Leneé-Park sehenswert. Nachdem wir beides bestaunt hatten, fuhren wir über das altertümliche Kopfsteinpflaster zurück auf den Radweg. Und wieder eine Überraschung. Diesmal war es ein Ausflugsdampfer, der uns entgegenkam.

  

Nun ging es auf direktem Weg in Richtung Schwedt, die letzte große Industriestadt mit trauriger DDR-Vergangenheit an der Oder. Wir waren beide noch nie dort gewesen und gespannt, wie sich die ehemalige Chemiestadt (PCK Schwedt) entwickelt hatte. Neben einer kleinen historisch Wiederaufgebauten Altstadt gibt es nichts besonders nennenswertes, so dass wir uns hier auch nicht lange aufhielten.

Es ging straff auf Nachmittag zu und wir bekamen Hunger und der Appetit auf Lunow-Landfleischers Wurst wurde immer größer, so dass wir uns an einem ruhigen Plätzchen zu Tische niederließen.

Danach radelten wir durch ein Waldgebiet in Richtung Gartz. Im Dorf Vierraden bemerkten wir die vielen noch vorhandenen Tabakscheunen. In dieser Gegend wurde früher viel Tabak angebaut. Im Ort befindet sich auch ein Tabakmuseum.

  

Wir erreichten Gartz, eine historische Ackerbürgerstadt mit einer netten historischen Altstadt und einer teilweise erhaltenen Stadtmauer. Wir beschlossen hier kurz zu verweilen. Interessante Infos zu Gartz (Wikipedia):

Gartz lag im Herzogtum Pommern. 1124 erstmals urkundlich erwähnt, erhielt Gartz 1249 von Herzog Barnim I. von Pommern das Stadtrecht verliehen. 1325 wurde Gartz Mitglied der Hanse. Aufgrund ihrer strategisch wichtigen Lage an der Oder war die Stadt immer wieder kriegerischen Auseinandersetzungen ausgesetzt. So wurde sie u.a. 1630 im Dreißigjährigen Krieg, 1659 im Schwedisch-Polnischen Krieg und 1713 im Großen Nordischen Krieg zerstört.

Gartz an der Oder 1618

Nach dem Aussterben des pommerschen Herzogshauses der Greifen im Dreißigjährigen Krieg wurde Gartz ein Teil von Schwedisch-Pommern. Mit Ende des Großen Nordischen Krieges musste Schweden im Frieden von Stockholm 1720 das südliche Vorpommern an Preußen abtreten. So kam Gartz an Preußen, wo es bis 1945 zur Provinz Pommern gehörte. Von 1818 bis 1939 gehörte die Stadt zum Landkreis Randow und nach dessen Auflösung 1939 bis 1945 zum Landkreis Greifenhagen.

 Gartz an der Oder 1761

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Gartz 1945 schwer zerstört. Der Wiederaufbau ist bis heute nicht abgeschlossen. Mit der Verschiebung der deutsch-polnischen Grenze an die Oder aufgrund der Festlegungen des Potsdamer Abkommens wurde Gartz 1945 zur Grenzstadt.

Die letzten Etappe entlang der Oder nach Mescherin führte durch ein geschütztes Waldgebiet.

  

Weiter in Richtung Tantow. Wir verließen die Oder und den offiziellen Radweg, bogen ins Inland über Geesow, Freudenfeld ab. Ab hier wurde die Straße uneben, z.T. ging es über alte Betonplatten und Kopfsteinpflaster. Die Strecke  war deutlich hügliger so dass wir mehrfach abstiegen und mal ein Stück bergauf schoben. Die Landschaft veränderte sich, weite abgeerntete Felder, Wald - es war sehr trocken. Zwischendrin ein paar Mirabellenbäumchen, die zuckersüße Früchte trugen und an denen wir einfach nicht vorbei fahren konnten ohne zu naschen.

  

Schnell durchquerten wir ein idyllisches Tal und kamen am Technischen Denkmal Salvey-Mühle vorbei.

  

  

Die Landschaft bis Penkun war wieder eintönig und wir vermissten unsere Oder. Kurz vor Penkun gab es noch einen heftigen Anstieg, den wir aber ohne abzusteigen und sogar mit einem Lächeln auf den Lippen meisterten. Ganz im Gegensatz zu der Radlertruppe, die wir überholten. Diese schoben und  sahen alles andere als glücklich aus! Uns hat das mächtig angespornt. In Penkun folgten wir dem ausgewiesenen Radweg und gelangten zum Schloss.

   

Am Penkuner See wurde gerade das internationale Feuerwehrfest (Deutschland-Polen) gestartet. Erstaunlicherweise hielten wir nicht an, obwohl Matthias schon gern mal gehalten hätte. Aber wir hatten ja noch ein Stück Weg vor uns. Kurz vor unserem Ziel machten wir noch einen kleinen Abstecher zur Grabkapelle Battinsthal.

Battinsthal liegt abseits vom Trubel der Großstädte in der landschaftlich reizvollen Umgebung von Penkun und hat einiges an Sehenswertem zu bieten. Viele Gebäude stehen hier unter Denkmalschutz und sind für sich allein schon eine Reise wert: das Gutshaus, das wohl Anfang des 19. Jahrhunderts entstand, mit der Gutsanlage einschließlich Brennerei und Stallspeicher, das sogenannte Schlösschen, ein Umbau aus dem Jahr 1899, und nicht zuletzt die herrliche Parkanlage mit Friedhof und der Schuckmann`schen Grabkapelle. Der Entwurf der Kapelle stammt von Gustav Stier, einem Schüler des Architekten Schinkel. Erbaut wurde die Kapelle im Jahr 1845 und 1856 mit der Beisetzung der Kammerherrin von Schuckmann eingeweiht. Das Rittergut befand sich seit 1818 im Besitz der Familie von Schuckmann. Bis zur Enteignung 1945 leitete die Schuckmann`sche Familienstiftung die Geschicke des Gutes. Nach dem 2. Weltkrieg wurden das Gutshaus sowie das Schlösschen viele Jahre zu Wohnzwecken genutzt. Heute befinden sich Gutshaus und Schlösschen in Privatbesitz und werden ausgebaut.

Quelle: gutshaeuser.de

  

  

Und dann kamen wir endlich in Krackow, wiederum in einer netten kleinen Pension an. Nach dem obligatorischen Abpacken und Duschen erkundigten wir uns nach einer Gaststätte. Uns wurde der Weg erklärt mit dem Hinweis: „Ich habe schon mal angerufen, sie warten auf euch. Und wenn ihr wollt, könnt ihr auch um Sieben zum Konzert in die Kirche gehen. Organisiert die Wirtin dann alles“ Wieder einmal überraschte uns die Herzlichkeit und das Selbstverständnis, mit dem man uns willkommen hieß. Das ist uns öfter begegnet, entlang des Radweges haben wir viele offenherzige freundliche und zugängliche Menschen kennengelernt.

Also nix wie los, es war noch warm und wie wir wussten wurden wir in der Dorfkneipe schon erwartet. Es war wie eine kleine Zeitreise 25 Jahre zurück. Wir haben uns gleich draußen niedergelassen, an einem Tisch für das Personal. Aber wir wollten ja nur Essen, Kirchenkonzert hatten wir abgewählt. Um uns herum begann Geschäftigkeit. Wir bestellten Getränke. Die Wahl des Essens fiel auch relativ leicht, denn: „Auf der Karte steht nischt weiter. Ich brutzle euch was leckeres zusammen!“ Für uns kein Problem. Es hat dann aber auch sehr lecker geschmeckt.

  

Gegen dreiviertel Sieben wurde dann ein Grill neben unserem Tisch aufgestellt und die Holzkohle angezündet. Mittlerweile hatten wir erfahren, dass nach dem Konzert der polnische Künstler mit Frau und Familie zu einer kleinen Feier in den Gasthof eingeladen war - nämlich an unseren Tisch. Die Wirtin verließ uns in Richtung Kirche, ebenso der Wirt. Dieser jedoch noch mit den Worten: „Kümmert ihr euch mal um den Grill. Wenn das Konzert vorbei ist, wollen wir grillen!“ Wir waren überrascht und fasziniert, so schnell gehört man dazu und kriegt auch gleich eine wichtige Funktion - Grillmeister. Die Aufgabe hat Matthias mit Bravour wahrgenommen. Ich wurde für Tischdecken und andere Frauenarbeiten eingespannt. Aber nach dem Konzert gehörten wir dazu und verlebten einen der spontansten und lustigsten Abende unserer Reise. Matthias hatte übrigens auch noch die wichtige Funktion des Beleuchters oder Kerzenaufhängers. Naja, und ganz ohne Alkohol ging es auch nicht, aber mit Blick auf die Uhr und im Kopf die nächste Tagesetappe traten wir den Weg in unsere Pension an.