Von Zittau nach Heringsdorf

Deschka – Jerischke – 69,5 km

Das Frühstück war für 8:30 Uhr bestellt. Die Störche vor dem Fenster klapperten schon in der Morgendämmerung, Dorfidylle pur. Trotzdem waren wir ausgeschlafen und hatten schon vor dem Frühstück die Taschen gepackt.

Das Wetter war gut, die Räder gesattelt und die Regensachen in die Rolle verbannt. In Richtung Rothenburg verließen wir den Ort über die Kirschallee. Wir fuhren auf die „Kulturinsel Einsiedel“ zu, von der wir schon einiges gelesen und gehört hatten. Dies war an allerlei künstlerischer Gestaltung am Wegrand und im Wald deutlich zu erkennen.

 

Wieder an der Hauptstraße waren wir auch schon da.

 

 

 

 

Falls mal jemand nach einer öffentlichen Toilette fragt, so kann ich diese durchaus „öffentliche“ Lokalität empfehlen. Direkt an der Straße!

Wer Lust hat sich mal zu informieren, hier ist ein Link http://www.kulturinsel.com. Zum Einstimmen und Appetit holen folgt an dieser Stelle eine kurze Info zur Kulturinsel.

"Umgeben von schattigen Wäldern und lichten Wiesen liegt am östlichsten Punkt Deutschlands die Kulturinsel Einsiedel. Ein ungewöhnlicher Freizeitpark ohne Karussells und Riesenräder, aber dafür mit spannenden Schatzsucherspielen, endlosen Tunneln, wilden Schaukeln, Labyrinthen, Tretautoparcours, Baumhausdorf, Puppenstube zum selbst drin spielen, Wipfelpfaden, lebenden Tieren und vielem mehr.

Neben Wildfang-Welten findet hier aber auch die Seele ihren Platz und zur Ruhe. Ein Skulpturengarten lädt zum Schlendern ein, an gemütlichen grünen Plätzchen kann jeder Besucher entspannen und dazu internationale Köstlichkeiten genießen.

Für die Künstlerische Holzgestaltung ist die Kulturinsel ein einzigartiges Experimentierfeld, in dem ihre immer spannenderen Zauberdinge Wundern und Staunen hervorrufen.

Die Kulturinsel Einsiedel stellt ein riesiges Freilichtmuseum, das die Bau- und Lebensweise des einst verschollenen Volkes von Turisede wieder entstehen. lässt. Es existierte vor 1000 Jahren in den Neißeauen und errichtete sein kulturelles Zentrum auf dem heutigen Gebiet der “Museumsinsel”.Aber das Highlight ist hier das Baumhotel: “…In über 10m Höhe in den Wipfeln schlafen und sich morgens als Erster in Deutschland von der Sonne wecken lassen...“

Nach der Kulturinsel kamen wir zurück an die Neiße, wieder gute Wege und Abgeschiedenheit. Das Wetter wurde besser. Am Wegrand tauchten die ersten Gedenksteine für im 2. Weltkrieg geschliffene Dörfer und zerstörte Brücken auf.

Wir gelangten nach Rothenburg und fuhren weiter durch Noes Richtung Lodenau entlang der Hauptstraße auf abseits liegendem Radweg und dann wieder an die Neiße entlang.

 

Kurz vor Steinbach bemerkte Matthias trotz festgestellter Telegabel an einem leichten Anstieg ein weiches Federn im Vorderrad. Oben angekommen gab es keinen Zweifel mehr - erster Plattfuß. Wir suchten uns ein bequemes Fleckchen zur Reparatur. Schnell war die Ursache gefunden und ein neuer Schlauch eingezogen. Im Mantel steckte ein Stück spitzer Split. Bedenklich, da sich dieser durch die unkaputtbare Schwalbedecke gearbeitet hatte und nun ein kleines Loch hinterließ. Das Steinchen hatte offensichtlich schon länger dort gesteckt. Nach genauer Untersuchung kam unter dem Steinchen noch ein Glassplitter zum Vorschein.

 

 

Alles repariert, Luft aufgepumpt und weiter geht´s. Durch Werdeck, Skerbersdorf, Sagar bewegten wir uns auf Bad Muskau zu. 3 km nach der Reparatur begann mein Tretlager merklich zu krächzen. Das hörte sich nicht gut an. Zuerst nach jeder Umdrehung ein „klack klack klack“, dann nach jeder halben. Das roch nach einer größeren Reparatur beim Fachmann.

Davor gab es aber noch eine Überraschung für einen gebürtigen Randerzgebirgler: Wir kamen an die Oberlausitz-Schanze – nie zuvor gehört!

 

Nach kurzem Staunen fuhren wir weiter. Ich war ein bisschen unruhig und hatte Bedenken wegen meinem Tretlager und dem Reifen, wollte somit schnell nach Bad Muskau, um dort einen der beiden Fahrradläden aufzusuchen und mein krankes Gefährt heilen zu lassen. Wir unterquerten eine nagelneue Straßenbrücke. Die Integration der Republik Polen in die EU war hier durch viele neue Grenzübergänge sichtbar.

 

Im Gegensatz dazu verfielen immer mehr alte Bahnbrücken. Das einst lukrative Beförderungsmedium Eisenbahn hatte ausgedient. Unzählige Brummis erleuchten seither den Flexibilitätsschatten der DB.

In Bad Muskau angekommen fanden wir uns zuerst am Eingang des Muskauer Parks - heute ein Weltkulturerbe der UNESCO - ein. Es war eigentlich der Wunsch von Ines, sich den Fürst-Pückler-Park anzuschauen, aber Fahrrad ging vor. Also suchten wir die beiden Radwerkstätten auf, hatten jedoch zuerst kein Glück. Als Großstädter war uns in Vergessenheit geraten, dass es auf dem Lande noch so etwas wie eine Mittagspause gibt. Zum Glück nur eine Stunde, das hieß zwischen 13 und 14 Uhr ist „Siesta“. Da wir aber im Urlaub und nicht auf der Flucht waren und sowieso immer Zeitreserven eingeplant sind, gingen wir inzwischen etwas zu Mittag essen und waren dann pünktlich 14:00 Uhr bei meinem Retter – Michael Tillack, dem Inhaber vom Bikeshop Bad Muskau.

Nach kurzer Schilderung des Schadensbildes wurde eine reichliche Stunde Reparaturzeit angesetzt. Herr Tillack hatte aus dem lädierten Vorderreifen ein weiteres Glasstück aus demselben Loch in der Decke heraus operiert.

Wir packten ab und durften alle unsere Sachen in der Werkstatt lassen. Das war ein echtes Zugeständnis, da kaum Platz war. Vielen Dank noch einmal dafür! Ines hatte ihr Rad vor dem Geschäft angeschlossen. Wir machten uns zu Fuß auf den Weg in den Muskauer Park.  Der Schlosspark erstreckt sich rechts und links der Neiße. 2/3 des Parks befinden sich in Polen, jedoch liegen die meisten Gebäude auf deutscher Seite und sind über Brücken miteinander verbunden. Und dann das Schloss - eine Augenweide! Man kann sich nicht mehr vorstellen, dass es zu Zeiten der DDR vollkommen verfallen und teilweise eingestürzt war. Auch alle Hochwasserschäden sind heute nicht mehr zu sehen.

 

 

Kurzer Schnappschuss mit Selbstauslöser auf der blauen Brücke….

 

….und dann ganz langsam zurück zum Fahrradretter.

Das Rad war wieder tourentauglich repariert. Unser Retter hatte eine neue Continental Decke vorn auf- und das Tretlager festgezogen. Es war zum Glück nicht defekt sondern nur locker gewesen. Ines hat sich schnell noch ein paar neue Fahrradhandschuhe gekauft. Jetzt konnte es weiter gehen. Wir fuhren noch einmal zum Park und beschlossen kurzerhand die polnische Seite mit dem Rad zu erkunden.

Am Ende des Parks kamen wir wieder auf den eigentlichen Oder-Neiße-Radweg zurück.

„Nach einem weiten Linksbogen über eine kleine Brücke und danach rechts in einen kleinen Weg ~~ dieser Weg geht in einen Pfad über und steigt dann steil bergan.“  So stand es im Bikeline geschrieben. Zum Glück! Wir hätten diesen "Weg" sonst nicht eingeschlagen.

Ich schob vornweg und musste Ines auf halber Strecke nach oben helfen. Das Rad war mit Gepäck nicht mehr unter Kontrolle, der Weg ausgewaschen und steil. Oben angekommen kurze Rast und erfolgloses Grübeln, warum man hier nicht schon lange zumindest einen befestigten Weg angelegt hat.

Es begann wieder sacht zu regnen, jedoch war es nur ein kurzer Schauer. Nach 10 Minuten konnten wir weiter auf befestigtem Weg fahren, allerdings nicht weit. Ines hatte Pilze erspäht und die Durchschnittsgeschwindigkeit reduzierte sich straff nach unten.

Wir fuhren wieder lange an der Neiße entlang, um schließlich nach Durchfahrt der Ortschaft Pusack (3 Häuser und ein Hund) nach links in Richtung Jerischke abzubiegen. Die Karte zeigte eine Steigung. Diese war enorm – wir mussten ein Stück schieben. Nach dieser Anstrengung kamen wir durch einen Wald am Ortseingang Jerischke an. Gebucht hatten wir die Pension Heidelinde Rehdo. Gleich am Ortseingang rechts offenbarte sich diese augenscheinlich mit einem großen Schild. Ich ging auf den Hof und erspähte einen Herrn auf dem Dach. Dieser hatte offensichtlich ein schlechtes Westbild und schraubte an seiner Satellitenschüssel. Er meinte, die Chefin wäre im Garten ganz hinten zu finden. Ich begrüßte die Chefin mit den Worten „Hallo Frau Rehdo. Ulbricht aus Leipzig. Wir haben ein Zimmer bei Ihnen gebucht.“ Verunsicherte Reaktion. Gebucht wäre nichts aber wir könnten bleiben. Jetzt waren wir verunsichert. Ines fragte nach Heidelinde und der Adresse Jerischke Nr. 7. Irrtum! Wir waren bei der Schwägerin gelandet. Nach kurzer Aufklärung ließen wir uns den Weg zeigen. Zum richtigen Haus ging es direkt an der großen Linde rechts ab.

 
Dieses Bild entstand am nächsten Morgen, siehe Himmel.

Wir waren wieder einmal angekommen. Es waren nur 2,5 km mehr als geplant geworden. Die Begrüßung war herzlich, das Quartier ein echtes Schmuckstück und sehr preiswert. Im Dorf gab es keine Gastronomie, Frau Rehdo hatte uns jedoch schon vorher telefonisch ein kleines Abendessen versprochen. Bis es soweit war haben wir mit dem Hausherrn ein gemütliches Bierchen im Garten getrunken und ein paar Erlebnisse ausgetauscht. Beim Stichwort „Schweinesonne“ war uns dann auch klar, dass wir es hier nicht nur mit einem Feuerwehrmann sondern auch noch mit einem Jäger aus Leidenschaft zu tun hatten.

Dann kam das Essen auf das Zimmer (das Zimmer war eine geräumige Ferienwohnung mit Bad, Schlafzimmer, Wohnzimmer und Küche). Lecker, ausreichend und wieder einmal sehr überraschend. Danke liebe Rehdos.