Von Zittau nach Heringsdorf

Reitwein – Lunow – 81 km

Wie immer hatten wir Frühstück gegen 08:00 Uhr bestellt und  waren auch wieder lange vor der Zeit munter. Als wir aus dem Fenster schauten, haben wir das erste Mal den legendären Nebel im Oderbruch über den Wiesen erlebt. Alles war nass von Tautropfen und dicke fette Kreuzspinnen hatten das Grundstück „zugesponnen“.

    

Gleich nach dem guten und leckeren Frühstück ging es wieder auf die Drahtesel, diesmal hieß unser Ziel „Lunow in 81 km“. Erstes Ziel war Küstrin-Kietz auf deutscher Seite, ein ehemaliger Festungsstandort, der sich allerdings heute - völlig zerstört und auf den Wiederaufbau geduldig wartend - auf polnischer Seite befindet. In Küstrin wollten wir Getränke kaufen, was uns vorab gesagt, leider mangels Geschäften nicht gelungen ist. Unser Einstieg an die Oder erfolgte wieder an der Diplomatentreppe im Nebel. Am Gedenkstein des großen Deichbruchs vom März 1947 lichtete sich dann der Nebel und die Sonne kam durch die Wolken - es sollte ein warmer und schöner Tag werden.

   

Wir blieben auf dem Oderdamm und streiften die Orte Bleyen, Südowwiese und Kienitz. Rechts von uns erstreckte sich eine wunderschöne Landschaft mit Weiden, weiten Wiesen, kleinen Teichen und Tümpeln. In diesem Bereich sollte es auch Biber geben. Leider konnten wir nur das Resultat ihres Wirkens - bleistiftspitze Baumstümpfe und in den Tümpeln liegende abgenagte Weiden sehen. Und dann gab es da noch weiße Reiher?  Matthias dachte erst es sind Albino-Standard-Reiher, die wir ja als Graureiher von zu Hause kannten. Aber nein, es waren Silberreiher! Aber nun endlich sah es nach direktem Tierkontakt aus, das Schild riet auf jeden Fall zur Vorsicht.

Leider hatten wir nicht das Glück von wuseligen und um uns herumquirlenden Ottern begrüßt zu werden. Dafür legten wir unterwegs eine kleine Mittagsrast in der Sonne ein und nutzen die Pause, um mal einen kurzen Technikcheck an den Rädern durchzuführen.

  

Immer wieder gab es entlang des Radweges Informationstafeln, Gedenksteine oder einfach nur nicht wiederaufgebaute Anwesen.

Vorbei an Kienitz freuten wir uns besonders auf Groß Neuendorf mit dem Historischen Verladeturm - heute ein Restaurant mit interessanten Übernachtungsmöglichkeiten z.B. in alten Reichsbahnwaggons mit Blick über die Oder ins Oderbruch. Dies wurde uns von unseren Freunden empfohlen. Leider findet sich der Tipp nicht im Bikeline, deshalb an dieser Stelle ein Link zum selber nachlesen.

  

Nachdem wir uns umgeschaut hatten bemerkten wir ein Schild, dass für den Betrieb ein neuer Investor gesucht wird. So haben wir uns noch ein wenig im Ort umgesehen und einen typischen Dorfkonsum mit Imbiss entdeckt.

  

Weiter ging es Lunow entgegen. Es gab immer wieder kleine fotografische Highlights zu entdecken, z.B. den spektakulären Oderfrosch.

Unser nächstes Zwischenziel war Zollbrücke mit dem "Theater am Rand" und der Aussicht auf eine kleine Mittagsmahlzeit. Auf dem Weg dahin begleitete uns ein grandioser Himmel.

  

Ab der Zollbrücke erstreckte sich der Radweg dann gefühlt unendlich lang auf und hinter dem Oderdeich. Wind war aufgekommen - natürlich Gegenwind - und das Wetter sah nach Regen aus.

  

In Hohensaaten, ca.10 km vor unserem Tagesziel fließt die Oder an der alten Oder, die sich Richtung Berlin bewegt, vorbei. In Hohensaaten kreuzen sich verschiedene Wasserwege, z.B. die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße. Hier befindet sich auch eine große Schleusenanlage, über die Szeczin mit Berlin auf dem Wasserweg verbunden ist. An den Schleusen hatten wir dann auch das erste Mal Großschiffkontakt. Die Kähne transpotierten  Schüttgüter, Kiese und Sand nach Berlin.

  

Und nun hieß es Tagesendspurt nach Lunow, mitten durch den Nationalpark Unteres Odertal und frei herumlaufenden Rindern. Das führte zu einer spontanen Temposteigerung - bei den Tieren und bei uns.

Wieder hatten wir eine nette Pension, die Pension Radünz, gefunden. Am kommenden Tag fand in Lunow das Erntedankfest statt, auf das sich das ganze Dorf vorbereitete. Viele Häuser und Gärten waren herbstlich mit Stroh, Kürbissen, Blumen und Maiskolben geschmückt. Wir haben es fast bedauert, dass wir am nächsten Tag weiter radeln mussten. Leider entpuppte sich die einzig offene Dorfgaststätte als totaler Reinfall, es gab zwar zu Essen aber unter der Kategorie „nicht empfehlenswert“. Den nur wenige Meter davon entfernten Landfleischer, der auch noch geöffnet war, hatten wir zu spät entdeckt!

  

Nach einem gemütlichen Stündchen in der Bar unserer Vermieter und mit viel neuem Wissen über Wasserbautechnik (unser Vermieter war in dieser Branche deutschlandweit unterwegs) gingen wir dann zufrieden schlafen.