Mit dem Fahrrad von Schmilka nach Dessau und zurück nach Leipzig

Wir verlassen die Elbe

Weiter auf dem Berlin - Leipzig - Radweg

Freitag 23.05.2008 – nach einem opulenten Frühstück im Hotel ging es gegen 10:30 Uhr am Tag 5 der großen Tour dann endgültig und unaufhaltsam der Heimat entgegen. Mit schwerem Herzen haben wir uns den Weg zur Biberfreianlage gesucht (und auch gefunden).

Zwischendrin musste noch eine Blindschleiche oder Ringelnatter unter meinem Fahrradreifen sterben – war halt zu langsam für mich. Die Biberfreianlage war enttäuschend, es wirkte wie ausgestorben und von den Tierchen war keins zu Hause. Unser nächstes Etappenziel war dann Oranienbaum mit seinem Schloss und wieder einer Orangerie, weiter sollte es dann zu Ferropolis à Gräfenhainichen à Bad Düben à aber auf keinen Fall schon nach Hause gehen. Im übrigen waren wir ab Wörlitz auf dem Fernradweg Berlin-Leipzig mitten durch die Dübener Heide unterwegs. Es fing also an hoch und runter mitten durch den Wald zu gehen.

Und an dieser Stelle bemerkten wir dann die unterschiedlichen Qualitäten der Radkarten.

 

 

Wie geht es weiter? - Immer diesem Zeichen nach!

 

 

Schloss Oranienbaum – unser nächstes Ziel. Ich kannte es ja schon, für Matthias war es wieder mal was Neues. Schön ist der Schlosspark mit seinen überall in großen Kübeln aufgestellten Orangen- und Zitronenbäumchen und den großen Palmen.  Von Oranienbaum aus war dann als Etappenziel Ferropolis – die Stadt aus Eisen – auserkoren. Immer einen Blick zum Himmel, denn der wurde schwarz und schwärzer und wir mussten kurz überlegen, wo unsere Malerplane abgeblieben war – unsere Geheimwaffe im erwarteten Kampf gegen Starkregen. Genau gegenüber von Gräfenhainichen am Ufer eines großen gefluteten Tagebaurestloches ragten dann imposant mehrere ehemalige Kohleabraumgeräte auf, positioniert vor dem See und im Halbkreis eine Open Air Bühne einsäumend.

Hier finden im Sommer viele Konzerte, vorrangig Metal, statt. Für uns gab es an dieser Stelle eine Überraschung, denn Carsten Helling war gerade in seinem Revier unterwegs und versorgte uns so mit den Neuigkeiten aus der Realwelt und Infos zum Zielgebiet. Nach einem Schwatz und einer kleinen Stärkung, es war wieder Mittagszeit, ging es dann – den Blick immer noch sorgenvoll und sofort handlungsbereit gen Himmel gerichtet, einmal um den See herum in Richtung Heidelandschaft. Ausgestattet mit einer Tourempfehlung von Carsten haben wir natürlich erstmal die Ideallinie verfehlt und sind ein paar Kilometerchen vorbei gefahren – ich hatte die Karte! War aber nicht so schlimm.

Weiter ging es in Richtung Dübener Heide, bergauf und bergab mitten durch den Wald. Zum Teil waren die Radwege eine Katastrophe, da zu den schon schwierigen sandigen Heidewegen noch die Hürde – frisch durch den Forst geschobene sandige Heidwege kam. Manche ließen sich einfach nur durch Schieben bezwingen.   

Kurz vor Bad Schmiedeberg startete wie immer die Aktion – Übernachtung per Telefon reservieren, diesmal leider unerwartet problematisch. Die nette Dame in der Info durfte uns keine Übernachtungsempfehlung geben, geschweige denn ein Zimmer für uns buchen.  Aber frohen Mutes, da es bisher immer geklappt hat, haben wir die Streckeninfo mit Übernachtungstipps hervorgeholt und angefangen zu telefonieren. Und telefoniert, und telefoniert, die Gesichter wurden länger -  unser Ziel: so schnell wir möglich zur Stadtinformation.

 

Nachdem wir kurz vor halb sechs abends im Kurstädtchen angekommen und mit einem Auge das rege Leben im Kurpark, den angrenzenden Geschäften und Restaurants freudig registrierten, versprach es doch ein geselliges entspanntes Abendessen, fanden wir dann auch die Kurinformation. Die Dame hinter dem Tresen war genauso ernüchternd wie vorher schon am Telefon. Es gab keine weiter erwähnenswerte Unterstützung außer dem Aushändigen des Übernachtungsverzeichnisses. Mitten im pulsierenden Leben von Bad Schmiedeberg ging die Suche per Telefon weiter, ich wurde immer angespannter (Matthias auch, bloß dem merkt man das nicht so an). Letzte Nummer – letzte Hoffnung – Glück gehabt. Nicht weit vom Stadtkern waren zwei Betten zur Nacht reserviert. Mittlerweile schlug die Turmuhr die volle Stunde. Duschen, umziehen, essen gehen – so sah unser Plan aus. Pläne haben die schöne Eigenschaft, dass sie a) nicht, b) nur teilweise oder c) mit gewissen Schwierigkeiten funktionieren. Letzteres konnten wir für uns an dieser Stelle in Anspruch nehmen. Erste Schwierigkeit: Üblicherweise gehört zum Duschen neben Reinigungsmittel warmes Wasser, welches frisch und sprudelnd aus der Brause auf den Menschen herab fällt, der seinen von der langen Fahrt beanspruchten, verschwitzten und eingestaubten Körper reinigen und der gleichzeitig noch einen Erholungseffekt erhaschen möchte. – Nicht so in Bad Schmiedeberg. Es kam zwar frisches Wasser perlend aus der Dusche, aber eisigkalt und es wurde auch nicht wärmer!! Auch nicht nach einer, zwei, drei, vier und fünf Minuten!!! Nun waren wir zwar in gewisser Weise abgehärtet, aber so nun auch wieder nicht. Und das Zweitschlimmste – ich stand drunter! Matthias ist dann wie ein Held los und hat nach einigem Hin- und Her  die Situation gerettet. Die Anschlüsse waren vertauscht, so dass aus kalt warm kam und aus warm kalt. Ganz einfach, man muss nur drauf kommen! Alles in allem lediglich eine Zeitverzögerung, die Rettung war der vorhandene Fön.

Zweite Schwierigkeit: Frisch geduscht und wie immer voller Neugier auf die Stadt des Tageszieles und mit einem gewaltigen Hunger im Bauch ging es links, der Restaurantempfehlung unserer Vermieterin folgend, die Straße hinunter. Was uns auffiel, aber noch nicht beunruhigte war die Tatsache, dass auf einmal niemand mehr außer uns unterwegs war. Na ja, ist halt eine Kleinstadt, da werden die Bürgersteige sechs Uhr hochgeklappt.  Die Restaurantempfehlung erwies sich als erster Flop, da die Wirtin nicht bereit war, draußen zu bedienen, obwohl sich das Wetter an diesem Abend geradezu ideal zeigte. Pizzeria nebenan – oooch nö, heute nicht, wir gehen weiter. Viel viel viel viel weiter einmal um die Stadt herum sind wir wieder bei der Pizzeria gelandet. Diesmal mit folgender Einstellung:  „Wir haben Hunger und es reicht für heute. Pizza ist eigentlich eine riesig gute Idee, egal wie’s schmeckt.“ Die Wahl, das heißt eine Wahl gab es eigentlich nicht wirklich, also die Notlösung erwies sich dann als absoluter Glückstreffer. Mal abgesehen von der bodenständigen lustigen Bedienung, der besten Pizza seit langem und dem leckeren Ramazotti gab’s noch jede Menge Erheiterung, als die letzten der nachtschwärmenden Kurgäste kurz nach zehn fluchtartig ihrem Kurdomizil entgegeneilten. Anders ausgedrückt: Sie verließen fluchtartig die Lokalitäten und versuchten im langsamen Laufschritt der Ausgrenzung aus dem Kurhotel zu entkommen.

So gesehen hat es sich - mit gewissen Schwierigkeiten – zu einem weiteren entspannten Abend entwickelt. 

Start Wörlitz 10:30 Uhr
Ankunft Bad Schmiedeberg 17:45 Uhr
Strecke 63,54 km
Durchschnittsgeschwindigkeit 12,9 km/h
effektive Fahrzeit 4:54 Stunden

Übernachtung

Pension Fam. Rehmann 50 € DZ inkl. Frühstück