Flucht vor dem Corona-Wahnsinn

22.-30.07.2021  Auf nach Roxängen

Kilometerstand 57777 - 58456

Anfahrt nach Roxängen

Mit dem obligatorischen Schnelltest in der Tasche machten wir uns nach Rostock auf, die Fährübefahrt war für den 23.07.2021, 07:30 Uhr gebucht. Nachdem wir auf der Rückfahrt mit der Nachtfähre der Stena Line schlechte Erfahrungen gemacht hatten, buchte Matthias zum einen die Überfahrt bei der TT-Line und zum anderen - auch wenn es eine Tagüberfahrt war - eine Kabine. Ankunft in Rostock-Überseehafen war abends gegen 19:30 Uhr, uns blieb zur Übernachtung nur der Platz vor dem Fährterminal. Trotzdem es dort relativ laut zuging konnten wir überraschend gut schlafen. Zügig ging es dann am nächsten Morgen auf die Fähre und für uns gleich zum Frühstück. Obgleich auf den Fähren keine Masekenpflicht mehr war, setzten die wenigsten der vielen Mitreisenden diese ab. Nun ja, 1 Jahr Training und Anordnungen machen sich halt bemerkbar. Nach dem Frühstück ging es ab in die Kabine, um noch etwas Schlaf nachzuholen. Pünktlich um 13:30 Uhr legten wir in Trelleborg bei bestem Wetter an.​​​​

Alle touristischen Fahrzeuge wurden dann in zwei Reihen zur Einreisekontrolle am Hafen aufgeteilt. Wir wurden herausgewunken und fuhren durch die LKW-Kontrolle, was uns unsicher machte - sollten wir jetzt einer Tiefenkontrolle unterzogen werden? Ein bisschen panisch suchte ich schon mal alle Passunterlagen und die Tests zusammen.  Am Ende unserer Fahrspur standen schon zwei Polizisten, also ein Polizist und eine Polizistin, welche sich beim Heranfahren als Augenweide entpuppte. Groß, schlank, blond, typisch schwedisch - ein Hingucker. Die Schranke öffnete sich,  wir wurden angehalten. Die Polizistin erkundigte sich ob wir schwedisch sprächen und befragte uns dann in englisch weiter. Woher wir kommen, wohin wir wollen, wie lange wir bleiben und sagte dann zuletzt, dass wir ein wunderschönes Auto haben. Mit einem: "Gute Fahrt und viel Spaß!" waren wir dann in Schweden. Wir fühlten uns willkommen, ein bissel  wie nach Hause kommen.

Zügig ging es Richtung Norden, auf den Stellplatz in Ohs an der Kirche, an welchem wir bei der Rückfahrt im Juni die letzte Nacht verbracht hatten. Da viele Touristen unterwegs waren stieg bei uns die Spannung, ob wir dort noch einen Platz finden würden. Und siehe da, wie beim letzten Mal standen wir alleine am See. Nach dem Parken hieß es zuerst ab in den See, Abendbrot essen und schlafen, denn am nächsten Tag lagen nochmal knapp 400 km vor uns. Auf uns wartete am Samstagnachmittag eine Verabredung auf dem Bauernhof in Roxängen mit Roland, Ramona und Hannes, wir waren schon gespannt auf das Wiedersehen. Wir freuten uns auch auf Susanne und Christian, deren Gastfreundschaft wir schon im Mai bei unserem ersten Besuch genossen hatten.

Stellplatz Ohs auf dem Kirchgelände

Am nächsten Morgen brachen wir nach Roxängen auf. Unser nächster Halt hieß Kopparberg, ca. 15 km vor unserem Ziel, um noch einiges für das geplante Grillen am Abend einzukaufen. 

Mit großem Hallo wurden wir zum einen bei unserer Ankunft auf dem Bauernhof von Roland, Ramona und Hannes empfangen. Nicht minder herzlich umarmten uns Christian und Susanne, wir waren zu Freunden zurück gekommen! Als kleines Mitbringsel hatten wir den guten Bautzener Senf (die XXL Version), Brotmehl und Sauerteigbrot dabei. Alles das, was schwierig oder gar nicht in Schweden zu bekommen ist und durch die beiden Auswanderer vermisst wird.

Gut dass wir uns vor einer Woche telefonisch angemeldet hatten. Der Bauernhof war gut gefüllt mit Wohnmobilen. Alternativen gab es auf der Wiese unterhalb der üblichen Stellplätze.

Für uns kein Problem, waren wir doch so auch ein bissel weg vom Schuss. Die Heumahd für das Winterfutter der Ziegen stand an, bzw. war im vollen Gang. Christian legte mit seinem Traktor los und wendete das Heu auf ca. 15 Hektar Wiesenflächen um das Grundstück herum ein letztes Mal. Das Ballenpressen und Einbringen der Ballen sollte am nächsten Tag - also am Sonntag passieren, ab Montag war en Regen und Gewitter gemeldet.

Mal wieder ausgebüchst und auf der Suche nach Entdeckungen und Leckerlis

Gegen Abend wuchs die Anzahl der Fahrzeuge auf 6, drei Camper standen wie wir auf der Wiese. Da Christian und Susanne noch mit dem Heuwenden beschäftigt waren genossen wir den Abend mit Roland, Ramona und Klein Hannes in der Grillhütte bei Steak, Salat und Bier.

Das Heu wird eingebracht - Eine Kurzgeschichte in 3 Teilen

Teil 1 - Erste Erfahrungen mit der Ballenpresse

Am Sonntag sollte es dann mit dem Heupressen losgehen. Christian startete zeitig am Morgen seinen Heuschwader und zog über die Wiesen, da hieß es schnell die Fenster und Türen schließen und das Willi-Innenleben vor den Staubwolken schützen. Die Urlauber hatten nix zu tun, geplant war mit Roland und Ramona Heidelbeeren sammeln, aber da kam das Mittagsschläfchen von Hannes dazwischen. Die Zeit nutzte ich um mal im Wald nach den Pilzen zu schauen. Johannes - ebenso ein Gast mit Familie auf dem Hof wie wir, fragte, ob er und seine Frau und der kleine Bo mitgehen könnten. Kein Problem für mich. Beide kannten keine Pilze und waren noch nie auf Pilzsuche gegangen. Ich erklärte, welche Arten von Pilzen wir suchen und siehe da, gemeinsam füllte sich der Beutel mit Pfifferlingen, Rotkappen und Steinpilzen. Bei der Gelegenheit erkundeten wir auch gleich das Heidelbeerpotenzial - leider war das in diesem Wald nicht so hoch.

Als wir zum Bauernhof zurückkehrten, hatte Christian seinen ersten Ballenpressversuch begonnen. Die Heupresse funktionierte nicht wie gewünscht, die Ballen waren zu locker und der Faden war ständig gerissen. Johannes und Matthias halfen bei der Fehlersuche und Reparatur. Als die Maschine wieder funktionierte ging es weiter.  Schnell wurde klar, dass die Presse nicht genug Heu bekam, die Schwaden waren zu dünn. Da es bereits Abend geworden war, beendete Christian die Arbeit. Er hatte sich für den kommenden Tag - Montag - frei genommen.

Gemeinsam beendeten wir den Tag mit einem Abendbrot, bei dem die leckeren Pilze nicht fehlen durften.

Teil 2 - Großkampftag im Heu

Der Montag morgen begann mit einem Frühstück und dem Blick in den Wetterbericht. Es sollte heiß werden, ggf. war mit Gewittern zu rechnen. Christian war noch unterwegs und so legten die Feriengäste los. Alle bewaffneten sich mit Harken, Rechen und allem was geeignet war, die schmalen Heuschwaden zu größeren Haufen zusammen zurechen. Alle Kinder, Matthi, Fiete, selbst die Kleinsten packten mit an und einige der Gäste verschoben ihre Abreise auf den Mittag oder frühen Nachmittag. 

Als Christian wieder zurück kehrte war er sprachlos. Die erste Wiese lag bereit zum Pressen. 

Also Traktor starten und los ging's. Matthias lief neben der Presse her und führte das Mahdgut zum Pressen in die Öffnung, die anderen zogen auf die nächsten Wiesen und wiederholten das Ganze.

Mittlerweile war eine weitere Familie mit 4 Kindern angereist, die auch ihren Stellplatz neben uns bekamen. Mit einem freundlichen "Glück auf" wurden sie von Matthias begrüßt, der zweite Satz lautete dann "Macht hin mit dem Einparken und dann gehts ins Heu!". Mit einem Lächeln registrierten die 6 das und eine halbe Stunde später waren 6 weitere Helfer rekrutiert.

Parall begann Susanne mit Johannes und einigen Kindern die ersten Heuballen von der oberen Wiese in die Scheune zu transportieren und dort zu stapeln. Mit dem Blick auf die schon gepressten Ballen und der Lagerkapazität änderte sich spontan die Einlagerungsstrategie. Es wurde gestapelt und gedrückt was das Zeug hielt, um die Ernte komplett einfahren zu können.

Am späten Nachmittag wurde dann Kaffeetrinken befohlen, eine gute Entscheidung, denn die Kräfte ließen bei allen spürbar nach. Energie musste dringend nachgetankt werden. Nur Susanne und Christian ließen sich nicht abhalten, da es in Örebrö - ca. 50 km östlich von Roxängen bereits gewitterte und sich auch über dem Bauernhof bereits dicke Gewitterwolken sammelten. Vorweggenommen - wir hatten an diesem Tag großes Glück, der große Regen und die Gewitter kamen erst am folgenden Tag.

Heuballen für Heuballen wurde gepresst, Heuballen für Heuballen in die Scheune eingelagert. Als auf den Wiesen nur noch die Ballen lagen, wurde die Arbeit neu verteilt und umorganisert, das Heu musste rein - es hieß einfach weitermachen. Die Scheune wurde randvoll gepackt, es ging fast nix mehr hinein. Abends gegen 23:00  Uhr kam die letzte Fuhre von der Wiese, die Ballen wurden abgekippt und in die Scheune gepresst und - der Traktor ging aus - Feierabend! Nach 13 Stunden Arbeit war das Winterfutter für die Ziegen eingelagert, alle Helfer kaputt und glücklich. Arme und Rücken taten weh, die Hände und Füsse waren voller Blasen - aber glücklich!

Susanne, Ramona und Nicole hatten ein spätes Abendessen für alle vorbereitet. Matthias und ich beschlossen noch in den See baden zu gehen und den Staub der letzten Stunden abzuspülen - so wollten wir nicht ins Bett.  Roland schloss sich uns an - und dann war wirklich Feeeiiieeerrraaaabbbbeeennnddd!!!

Beim Schwaden zusammenharken

Teil 3 - Erntedank und Fazit

Der ursprüngliche Plan für uns lautete, am Dienstag weiterzufahren. Aber wir waren einfach alle viel zu kaputt und wollten an diesem Tag nochmal ausspannen. Außerdem wollten sich Susanne und Christian am Abend mit einem gemeinsamen Grillen für die Hilfe bedanken. Der Tag wäre sehr kurzweilig gewesen, wenn da nicht - ja da war doch noch was. Richtig, die Heuernte musste rein, bevor der Regen kam. Und das war dann am Dienstag. Und zwar so ordentlich, dass das Erntedankfest in die Garage verlegt werden musste, der einzige Ort, wo alle gemeinsam sitzen konnten. Und wo wir es mit Kerzen hell bekamen, denn irgendwo hatte ein Blitz eingeschlagen und die Stromversorgung für Stunden außer Kraft gesetzt. Zumindest Susannes Brötchen konnten wir Dank unseres Backofen im Willi retten - der wird ja mit Gas betrieben!

Mittlerweile war noch ein weiteres Wohnmobil angekommen und hatte sich auf die Wiese gestellt. Die Abfahrt, die dann für Mittwoch anberaumt war sollte spannend werden.

Aber zurück zum Grillen. Wir hatten alle einen Riesenspaß und die beiden Gastgeber ließen keine Wünsche offen. Christian hielt lange durch, obwohl er jeden Morgen um 05:00 Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen musste. 

Fazit: Der Heutag war für alle eine Herausforderung. Bei dieser Arbeit wurde uns allen bewusst, was das für eine schwere körperliche Arbeit ist. Früher noch viel mehr ohne Technik. Und für Städter nochmal ganz besonders!? Aber an diesem Tag zählte für alle nur das Ergebnis. Wir hatten gemeinsam ein Ziel erreicht und ohne gefragt zu werden einfach geholfen. Sich fast völlig fremde Menschen hatten an diesem Tag eng zusammen gefunden und die eine oder andere Freundschaft wurde geknüpft. Was für ein Tag!

Und die Ziegen waren im Freudentaumel

Am Mittwoch war dann allgemeine Abreise, zumindest war das der Plan. Allerdings stelte die durchnässte Wiese die Camper vor eine harte Probe - das erste Fahrzeug fuhr sich schon am vormittag fest und konnte nur durch den beherzten Einsatz von allen aus dem Matsch geschoben werden.

Festgefahren

Roland und Ramona fuhren als nächste ab, die beiden hatten keine Probleme, da sie oben auf dem Weg standen. Interessant wurde es dann bei Martin und seiner Familie, hier konnte nur noch der Traktor helfen, den Matthias auch souverän fuhr.

Matthias hatte Christian versprochen nochmal nach seinem Notstromaggregat zu schauen, wir haben mittlerweile ein ähnliches Modell. Damit war dann unser Tag auch ausgefüllt und wir zogen für die letzte Übernachtung auf unseren Lieblingsstellplatz neben der Sauna um. Alle, außer Johannes und seine Familie waren weitergefahren und uns konnte, sofern wir selber festgesteckt hätten, nur noch Christian und Susanne helfen. Aber der Willi schaffte das alleine, auf unseren Willi ist einfach Verlass!

Johannes und Nicole hatten auch vor zu fahren ließen sich aber unendlich Zeit. In einer Regenpause zogen wir zwei noch in die Pilze los - das war eine dumme Idee, denn aus einer Stunde wurden dann zwei und die Stimmung bei Johannes verständlicherweise nicht die Beste. Versorgungstechnisch waren die beiden total abgebrannt, aus einer Übernachtung waren vier geworden. Aber bevor die beiden jetzt noch zum einkaufen fuhren beschlossen wir, schnell was für alle zusammen zu kochen und die fünf dann direkt nach dem Essen gen Heimat zu schicken, Geplant - getan. Es gibt nix spontaneres wie Camping, man weiß nie was in der nächsten Stunde passiert!

Schon Donnerstag!

Heute war unser Abreisetag. Da hatten wir aber die Rechnung ohne Susanne gemacht: "...aber doch nicht schon heute". Mittlerweile sind wir alle vier gute Freunde geworden. Nun ja, leichten Herzens machten wir den Willi einkaufsfertig und fuhren mal schnell nach Kopparberg rüber. Nachmittags waren wir zurück und Christian kam von der Arbeit. Wieder waren neue Gäste auf dem Bauernhof angekommen. Wir hatten an diesem Donnerstag aber fest beschlossen, dass wir am Freitag weiterfahren werden. Keine Lust mehr auf neue Kontakte und Bekanntschaften, wir wollten mal wieder für uns sein!

Christian fragte uns, wohin wir fahren wollen - wir hatten kein Ziel. "Am liebsten nicht so weit aber an einen See". Seitdem wir auf dem Bauernhof angekommen waren haben wir tatsächlich keine wirklichen Ziele mehr. Wir wollten uns nicht noch eine Stadt, eine Sehenswürdigkeit, einen Nationalpark anschauen. Was uns vor den Willi kam ok, aber nichts mehr geplantes. Lediglich die Richtung - gen Westen an die norwegische Grenze - stand für uns fest. Christian hatte eine Idee und wollte uns seinen Lieblingsplatz in 5 km Entfernung zeigen. Ok, gerne. Also fuhren wir erstmal los (aus 5 km sind dann 20 geworden!).

Besichtigung des Lieblingsplatzes

Keine Frage, das wird unser Domizil für die nächsten Tage. 

Nach einem gemeinsamen Abendbrot half Matthias noch beim Ziegenzaun umsetzen, währenddessen ich mit Susanne im Haus ein Schwätzchen machte. Tja, manchmal ist die Welt gerecht!