Eine Erlebnisreise zwischen Tradition und Moderne

Liepaja

In einem netten Stadthotel fanden wir für eine Woche eine Unterkunft – natürlich vorgebucht. Und wieder beglückwünschten wir uns zu der Entscheidung, denn es war Hochsaison und kein freies Bett verfügbar.

Liepaja

Die Stadt entstand aus einem kleinen kurischen Dorf an der Mündung der Lyva. Erstmals erwähnt wird der Ort als Lyva im Jahre 1253. Als kleiner unbefestigter Hafenort im Staatsgebilde des Livländischen Ordens wurde Lyva mehrmals von den Litauern niedergebrannt.

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1560 wurde Libow als Teil der Komturei Grobiņa für fast 50 Jahre an Preußen verpfändet. In dieser Zeit stieg die Bevölkerungszahl unter anderem durch Zuwanderung aus Deutschland. Die Verleihung des Stadtrechts erfolgte 1625 durch Herzog Friedrich von Kettler von Kurland (bestätigt 1626 durch König Sigismund III. Wasa von Polen). Mitte des 17. Jahrhunderts wurde mit dem Bau der Hafenanlage begonnen. In den Nordischen Kriegen litt Libau weniger unter Zerstörung als unter Kontributionszahlungen an die durchziehenden Heere und mehreren Pestepidemien. 1698 brach ein Großbrand aus, dem viele der Holzgebäude zum Opfer fielen. Von 1697 bis 1703 wurde der Handelskanal zum Libauer See in Betrieb genommen. Der Hafen befindet sich bis heute an der verbreiterten Mündung des Kanals und war ab 1730 auch für große Schiffe befahrbar. Als das Herzogtum Kurland 1795 zum russischen Gouvernement Kurland wurde, lebten 4.548 Einwohner in der Stadt. Nach mehr als hundert Friedensjahren waren es 1914 bereits 94.000. Im 19. Jahrhundert bekam Libau Eisenbahnanschluss (1869/1876) und wurde ein bedeutendes Industriezentrum. 1899 wurde hier die erste elektrische Straßenbahn im Baltikum eröffnet. In diesem Jahr wurde auch mit dem Ausbau des Kriegshafens (siehe Karosta) als strategische Flottenbasis begonnen. Von 1906 bis 1914 bestand direkter Schiffsverkehr nach New York. Durch den Hafen Libaus kamen unter anderem mehrere hunderttausend Auswanderer. Der Erste Weltkrieg begann für die Libauer mit der Beschießung von Hafen und Stadt am 2. August 1914. 1915 folgte die Besetzung durch die Armee des Deutschen Kaiserreichs. Durch Zwangsevakuierung ins Landesinnere und wirtschaftlichen Niedergang waren Ende 1915 nur noch 43.600 Einwohner in der Stadt. Nach dem Kriegsende besetzten die Bolschewiki fast das ganze lettische Territorium. Libau wurde Anfang 1919 Zufluchtsstätte der bürgerlichen lettischen Regierung. Außerdem befanden sich noch die Vertreter der Entente sowie Soldatenrat und Militärverwaltung der deutschen Besatzungsmacht in der Stadt. Am 16. April fand hier ein Putsch von Teilen der Baltischen Landeswehr statt. Der Ministerpräsident Kārlis Ulmanis lebte daraufhin bis zum 27. Juni auf dem Schiff „Saratow“, das unter englischem Schutz im Hafen ankerte. Der Verkehr im Hafen sank nach 1920 auf ein Zwölftel des früheren Umfangs. Von wirtschaftlicher Bedeutung waren die Anbindung an die Eisenbahnstrecke nach Jelgava (1929) und die Gründung des Freihafens (1931). Es entstanden auch kulturelle Einrichtungen wie Oper (1922) und Philharmonie (1927). Anfang 1940 wurden in Liepāja 15.000 Soldaten der Roten Armee stationiert. Im Sommer folgte die förmliche Besetzung des Landes. Allein am 14. und 15. Juni 1941 wurden um die 2000 Stadtbewohner nach Sibirien deportiert. Nach der Eroberung Liepājas durch deutsche Truppen am 29. Juni war die Stadt bis zum 9. Mai 1945 deutsch besetzt. Die meisten der über 7000 jüdischen Einwohner wurden bei den Massakern in Liepāja durch Wehrmacht und SS bei sogenannten Geiselerschießungen umgebracht, über 3000 davon vom 15. bis 17. Dezember 1941 in Šķēde. 1944 und 1945 war der Hafen neben Windau wichtigste Verbindung der eingeschlossenen Heeresgruppe Kurland. Viele zehntausende Einwohner flohen per Schiff vor der Roten Armee. Nach 1945 bestand das Kriegsgefangenenlager 349 für deutsche Kriegsgefangene. Zwischen 1945 und 1990 wurden von der sowjetischen Führung Industrie- und Fischereibetriebe eingerichtet. Der Hafen diente als Stützpunkt der Roten Flotte. Bis 1974 hatte die Stadt wieder 100.000 Einwohner. Von diesen waren mehr als die Hälfte aus Russland angeworbene Arbeiterfamilien. (Quelle: https://de.wikipedia.org ).

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Am Strand und in Liepaja war Sommerurlaubshochsaison. An der Strandpromenade tummelten sich vorrangig lettische Urlauber. Hier war ein Sportpark eingerichtet. In der Stadt fanden wir wieder viel Künstlerisches und die uns bereits aus Riga bekannten Jugendstilhäuser. Liepaja als drittgrößte Stadt Lettlands wirkte auf uns gemütlich, nirgendwo war Hektik zu spüren.

Am kommenden Tag machten wir uns auf, unseren Strand zu finden. Ca. 15 km südlich von Liepaja, im Naturschutzgebiet von Bernati. Das Auto stellten wir auf einem Waldparkplatz ab und gingen dann zum Strand (hierher kamen wir dann fast jeden Tag zum Baden). Glücklicherweise hatten wir unser Strandtippi dabei, es war sehr heiß und so hatten wir wenigstens etwas Schatten. An den Strand verirrten sich auch keine Mücken oder Bremsen. Dafür hatte ich einen Riesenspaß stundenlang mit einer kleinen Muschel in der Hand am Strand entlangzulaufen und winzig kleine Bernsteinsplitter zu sammeln – Tag für Tag!

An diesem zweiten Abend machten wir uns dann noch per Rad zum Fähranleger der Stena-Line auf um nachzufragen, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit der Fährüberfahrt für uns geben könnte. Leider eine Fehlanzeige, dafür waren wir am Stadtrand Richtung Karosta unterwegs. Dort hatten wir das erste Mal ein ungutes Gefühl. Wasser wurde an Straßenpumpen geholt, es sah deutlich ärmer und verfallener aus als im touristisch aufgepeppten Stadtzentrum. Zum krönenden Abschluss des Tages ging die Sonne blutrot im Meer unter.

Am nächsten Tag war noch ein Ausflug nach Klaipeda in Litauen als absolutes „Must have“ angesagt. Mit dem Auto ging es auf der A11 123 km nach Süden. Als erstes Ziel stand Palanga – eine Tourismushochburg der Russen auf dem Plan.

Palanga

Palanga (18.000 Einwohner) ist der bekannteste und beliebteste Ferienort und Kurort in Litauen. Die langen weißen Sandstrände der Ostsee, die Dünen, die saubere Luft und die duftenden Kiefernwälder in Palanga werden jährlich von mehr als 3 Mio. Touristen, Urlaubern und Patienten besucht.

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Zum Kurort wurde Palanga am Ende des 19.Jh. ernannt. Dieses war ein großer Verdienst der Grafenfamilie Tiskevicius. Unter der Herrschaft der Tiskevicius wurde in Palanga der botanische Park mit Schloss und dem heutigen Bernsteinmuseum angelegt, der Hafen von Palanga errichtet und die ersten Heilanstalten und Sanatorien eröffnet, die heute zu den Sehenswürdigkeiten von Palanga zählen. (Quelle: http://www.litauen.info ).

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Die Fahrstrecke war mit 2 Stunden angezeigt. Aber es wurde deutlich länger. Auf lettischer Seite fanden umfangreiche Baumaßnahmen statt, auf 40 km wechselseitig 12 Baustellen. Ein Umfahren war nicht möglich, wir bedauerten alle Radfahrer, die uns entgegen kamen oder in unsere Richtung fuhren (siehe Reisetipps). Unser Ziel in Palanga war das Bernsteinschloss und der Park. Im Ort reihen sich Souvenirläden an Souvenirläden, Hotels an Hotels, Restaurants an Restaurants und Menschen an Menschen.

Klaipeda selbst war etwas enttäuschend. Im 2. Weltkrieg stark zerstört, war vom alten Stadtzentrum nur noch ein winziger Rest erhalten geblieben. Auf dem Theaterplatz steht der „Ännchen von Tharau-Brunnen“, eines der Wahrzeichen der Stadt Klaipeda.

Klaipeda-Theaterplatz

Hauptattraktionen sind das Stadttheater und der Simon-Dach-Brunnen, wo sich auf dem Brunnen das Wahrzeichen der Stadt Klaipeda befindet: Das Denkmal „Ännchen von Tharau“.

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Alfred Kühne hat dieses Denkmal 1912 mit Hilfe von Spendengeldern der Einwohner von Klaipeda geschaffen zum Andenken an den in Memel geborenen Dichter Simon Dach (1605 – 1659). Das bekannteste Werk von Simon Dach ist eben dieses Volkslied, „Ännchen von Tharau“. (Quelle: http://www.litauen.info )

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Rings um das Zentrum entstand eine moderne Stadt mit Neubauten, Hotels, Einkaufszentren – sehr steril.

Es war so unglaublich heiß, 38 °C, dass wir am Nachmittag zurück nach Liepaja fuhren.

Ein weiterer Ausflug war nach Karosta geplant. Zuerst jedoch wurden wir durch eine Drehbrücke in Aktion an der Weiterfahrt behindert.

Die Kalpaka-Brücke

Die Kalpaka-Brücke über den Kanal ist ein ingenieurtechnisches Denkmal, eine der ältesten Brücken der Metallkonstruktion in Liepāja und Lettland.

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Die Arbeiten an der Brücke wurden 1903 nach dem Entwurf des französischen Ingenieurs Eiffel begonnen. Die Brücke ist aus zwei identischen Trägern gemacht, die um 90 Grad schwenkbar sind. Um dem Schiffsverkehr die Durchfahrt zu ermöglichen,brauchte man 4-5 Minuten bis die Brücke mit Hilfe eines Elektromotor oder einer Winde gedreht wurden.
Die Brücke ist mehrmals ernst beschädigt worden. 2006 wurde die Brücke von dem unter georgischer Flagge  fahrenden Tankers „Anna“ zerstört. Zurzeit wird eine neue Brücke gebaut (Quelle:
http://www.karosta.lv/ ).

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Und dann konnte es weitergehen. Karosta ist heute eine Stadt, die dem Ver- und Zerfall preisgegeben wird. In der Stadt herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Zukunftslosigkeit. Die Neubauhäuser sind am zerfallen. In Karosta leben heute vorrangig Russen. Soziales Engagement der Letten vermisst man – eine ganz andere Welt als in Liepaja. Mitten drin eine russisch-orthodoxe Kirche.

Karosta

Als selbstständiges Stadtviertel entstand der Kriegshafen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Auf Anordnung des russischen Zaren Alexander III begann 1890 nördlich von Liepaja der Ausbau einer umfangreichen Festung und einer Militärstadt.

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Anfangs wurde die neue Kriegsbasis „Hafen des Kaisers Alexander III” genannt. Erst zur Zeit des unabhängigen Lettischen Staates hat sich die Bezeichnung Karosta (Kriegshafen) eingebürgert. Der Hafen Alexander III war ein autonomer Ort mit eigener Infrastruktur, mit Elektrokraftwerk, Wasserversorgung, Kirchen und Schulen. In der Sowjetzeit war der Kriegshafen ein Sperrgebiet, der sogar für die Zivilbevölkerung der Stadt Liepāja nicht zugänglich war. Der Kriegshafen Liepaja liegt im Norden der Stadt und macht ca.ein Drittel der Gesamtfläche der Stadt aus. Er nimmt einen paradoxen und einzigartigen Platz nicht nur in der Geschichte  Lettlands ein, sondern auch in der Geschichte der Welt und der Architektur: Das Milieu hier spiegelt auf einzigartige Art und Weise den Kontrast zwischen der Eleganz des Militärs Russlands und des Militarismus der Sowjetunion wider. Der Kriegshafen ist heute ein besonderes Stadtviertel. Er ist kein “Militärstädtchen”, sondern als ein Tourismusobjekt anzusehen, das viele Künstler inspiriert (Quelle: http://www.karosta.lv ).

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Nördlich von Karosta erstreckt sich ein steiniger Kiesstrand mit einer winzigen Steilküste.